Mittwoch, 29. April 2015

Aus Fehlern lernen (Teil 4) - Einhand in die Box





Auf meinen letzten Blogbeitrag kamen einige Reaktionen bzgl. des Abtreibens beim Anlegen. Das passt gut in meine Kapitel zum Lernen aus Fehlern. Gerade einhand kann es schnell vorkommen, das der Bug beim Anlegen in eine Box bei Seiten- oder Gegenwind vertreibt, bevor man eine Vorleine  zum Steg bekommt. Wie das passiert und was man dann noch tun kann, möchte ich hier beschreiben. Im letzten Jahr bin ich ja einhand bestimmt 150 Anlegemanöver gefahren, und konnte  mir so einige Strategien zurechtlegen, die ich hier gerne teile und die natürlich auch für Crews passen. 

Erfolgreich ist das Manöver bereits dann, wenn man je ein Achterleine und eine Vorleine in Luv belegt hat, doch ich versuche eigentlich immer beideAchterleinen über die Pfähle zu bekommen, bevor ich mich dann darum kümmere das Boot neu auszurichten. Und danach so dicht an den Steg zu bewegen, das ich mit einer Vorleine hinübersteigen kann. Das übliche Manöver (bei normalen Windverhältnissen) läuft bei mir wie folgt ab: Ich ziele auf die Box und lasse das Boot dann mit möglichst wenig Fahrt ausgekuppelt durch die Pfähle treiben. Je nach Wind beginne ich dabei etwas luvseitig der Box, denn der hintere Luvpfahl muss auf jeden Fall erwischt werden, sonst wird ein neuer Anlauf nötig. Die mit großem Palstek versehenen Achterleinen liegen dabei bereit. Sie sind belegt und richtig durch den Seezaun geführt auf Höhe der Sprayhood. Sie sind dabei so zu belegen, dass sie auf jeden Fall lang genug sind um mit dem Bug den Steg zu erreichen, jedoch kurz genug, um das Boot achtern nicht zu extrem vertreiben lassen zu können. Hier spielt natürlich die Erfahrung und der Blick für die richtige Boxenlänge mit hinein. Auch ein Bootshaken liegt bei mir immer griffbereit in der Plicht. 

 Achterleine über Luvpfahl

Beim Hineingleiten in die Box probiere ich sehr früh die luvseitige Achterleine über den Pfahl zu bekommen und zwar schon möglichst bevor dieser mittschiffs vorbeigeht. Das lässt mit dann genug Zeit durch die Plicht auf die Leeseite zu gelangen um dort die zweite Leine über den Leepfahl zu bekommen. Nun wird der Bug meist etwas von der richtigen Richtung abgekommen sein. Ein kurzer Gasstoß voraus mit entsprechend gelegtem Ruder korrigiert dieses und gibt dem Boot dabei noch einmal etwas Fahrt um auch bis an den Steg zu kommen. Bei Annäherung werfe ich beherzt beide Vorleinen hinüber damit ich beide Hände frei habe um über den Bugkorb auf den Steg zu jumpen. Nun wird schnell die Luvleine fixiert. Je  nachdem ob ich Ringe, Klampen oder Poller vorfinde gehe ich hierbei unterschiedlich vor, doch das erkläre ich aber einmal an anderer Stelle. Nun wieder auf das Boot und die Achterleinen korrigieren, dann wieder auf den Steg und die Leeleine belegen. Damit liegt das Boot dann sicher. 

  Achterleine über Leepfahl

Soweit die Theorie und auch die Praxis bei wenig Wind. Bei starkem Seiten- oder Gegenwind gibt es nun, durch das oft unvermeidliche Vertreiben des Bugs, folgende potentiellen Probleme:

1.    Bei viel Wind und wenig Fahrt vertreibt der Bug mit jeder Sekunde mehr. Ein Hineingleiten in die Box mit möglichst wenig  Fahrt wird  also nicht funktionieren.
2.  Dadurch hat man dann automatisch oft nicht mehr genug Zeit um auch den Leepfahl zu erwischen. Das ist an sich kein Problem, da es hinterher ja immer noch möglich ist. Bei sehr viel Wind wird man das auch immer so machen, aber es gibt natürlich Zwischenbereiche. Manchmal passt es dann und manchmal eben auch nicht. Die Probleme beginnen eigentlich stets, wenn man zu viel Zeit damit verbringt, auch die Achterleine in Lee über den Pfahl zu bekommen. Man kann in dieser Zeit die Geschwindigkeit und die Position des Bugs schlecht korrigieren. Verliert das Boot zu viel Fahrt vertreibt der Bug unweigerlich und aus meiner Erfahrung ist ein Abkommen aus der Fahrtrichtung von mehr als 25°, bei starkem Wind nicht mehr mit einem kurzen Gasstoß zu korrigieren.
3.     Nun wird also keine Annäherung an den Steg mehr erreicht und ich komme mit der Vorleine nicht mehr hinüber. Wenn auf dem Steg nun niemand hilft wird es unangenehm. (Eine meiner Vorleinen ist übrigens sehr lang, so dass ich in dieser Situation bei Hilfe vom Steg diese immer noch hinüberwerfen kann).
4.   Sind längs zur Box Führungsleinen gespannt ist es einfach. Ich ziehe mich dann mit deren Hilfe einfach an den Steg. So ausgestattete Boxen sind bei viel Wind daher auch zu bevorzugen. Auch neben der Box in Luv liegende Boote können hilfreich sein. Daher bringe ich bei viel Wind vorne am Bug in Luv stets einen dicken Kugelfender aus. Trotzdem kann man dabei aber auch den Nachbarlieger beschädigen, da man ja selber vor Einfahrt in die Box seine Fender mittschiffs noch nicht draussen hat um nicht an den Pfählen hängen zu bleiben.
5.  Sind die Optionen aus Punkt 4 jedoch nicht gegeben, bleibt mir nichts anderes übrig als mich an die Heckpfähle treiben zu lassen um erst einmal Ruhe in das Schiff zu bekommen. Da die Heckleinen ja belegt sind kann ich (zumindestens bei Gegenwind) auch nicht einfach Gas geben um aus den Boxen fliehen. Wie gesagt, längs an den Heckpfählen zu liegen empfinde ich auch nicht als bedrohlich, sondern nur als doof.

Auf dem Weg zum Steg

Denn es gibt ja nun immer noch Möglichkeiten sich zu befreien: Die Heckleinen lösen, das Boot passend ausrichten, achtern abstossen und mit dem Bug durch die Pfähle zurück in die Boxengasse fahren.  Oder aber eine Leine an den Steg bekommen. Das kann über ein Nachbarboot geschehen, schwimmend, mit dem Schlauchboot oder über jemanden der doch noch irgendwann helfend an den Steg kommt. Als weitere Option wurde mir via facebook übrigens geschildert einfach an den Pfählen über Nacht liegenzubleiben und dann morgens wieder auszulaufen. Das geht natürlich auch :-)




Jetzt bleibt natürlich noch die Frage, warum mir der Fehler trotz eines zweiten Mannes am Bug passiert ist. Wie auf facebook richtig kommentiert natürlich durch mangelnde Konzentration. Merkwürdigerweise mache ich einhand weniger Fehler, als mit einem Mann/Frau auf dem Vorschiff. Wohl auch weil ich meist alleine unterwegs bin. Während ich dann denke, vorne ist ja alles im grünen Bereich kümmere ich mich um die Heckleinen ohne genau aufzupassen. Und wenn dann noch eine Ansage von vorne ausbleibt oder im Winde verweht, ist es ganz schnell passiert das der entscheidende Meter fehlt. Also immer Augen auf, bis sich die Vorleine auf dem Steg befindet! Und ach ja,leider habe ich keine Mittelklampen...