Die letzten Abende war ich eigentlich immer auf einem Boot zum Bier eingeladen oder hatte selber jemanden an Bord. Dazu kommen dann noch die Segler, die man mal so eben auf dem Weg kennengelernt hat. Durch das Alleinesegeln habe ich mich insofern verändert, als das ich nun viel direkter auf Menschen zugehe. Ohne lange zu Zögern oder zu Überlegen, ob das jetzt OK ist. Denn, es war immer OK. Wenn ich an jemandem interessiert bin, scheint das wohl auch andersherum so zu sein. Und falls man sich dann doch irgendwie nichts zu sagen hat, kann man ja immer wieder das Meeting beenden. Da es sich ja um spontane Treffen handelt, ist das eh alles zwanglos. Der Fall ist aber auch nie eingetreten. So waren dann auch alle Segler, die ich in den gesammelten Häfen meiner Reise getroffen immer tolle, nette Menschen. Bis zum Göta-Kanal!
Positives Beispiel: Sybille und Eckhard von der Brigo
Wie kommt das, habe ich mich dann gefragt? Mit einem Mal wird gedrängelt, vorgedrängelt und abgedrängelt, die Ellenbogen ausgefahren und die Zähne gezeigt. Man kennt das ja von Orten wie der Schleibrücke in Kappeln oder der Einfahrt zum NOK. Wie die Fliegen auf den Mist. Das war jetzt aber schon schockierend nach der ruhigen Atmosphäre der vergangenen Monate. Ich konnte mir das zunächst nicht erklären, habe aber nun eine Lösung gefunden. Segler sind auch nur Menschen mit allen Sonnen- und Schattenseiten. Der wahre Charakter zeigt sich ja häufig in der Not oder, wie in diesem Falle, der Anspannung. Die engen Schleusen machen nervös. Aber das ist nur ein Teil der Lösung. Diejenigen, die so unangenehm auffallen, lerne ich sonst auch einfach nicht kennen. Das sind die, die sich auf ihrem Schiff verbarrikadieren. Kuchenbude hoch, Reissverschluss zu, 2100h Licht aus. Das sind die, die einen nicht zurückgrüssen auf dem Weg zu den Duschen. Die einen immer so angucken, das man sich fragt, was man nun wieder falsch gemacht hat. Und die, die wenn man spät noch einläuft, kurz aus dem Luk schauen. Aber nicht um zu helfen oder eine Leine anzunehmen, sondern nur um zu sehen, ob man sich neben sie legen will und evtl. dabei ihr Schiff (oder ihre Fendersocken) berühren könnte. Wenn nicht, raaaatsch Reissverschluss dicht.
Schleusenstress
Nun müssen sie hier plötzlich Konvois bilden und sich mit anderen Seglern beschäftigen, und da sind viele, wie man deutlich merkt, hoffnungslos überfordert und durch ihre jahrelange Eigenbrötelei irgendwie asozial, im Sinne des Wortes, geworden. So einem Konvoi bin ich glücklicherweise entkommen, und habe nun wieder die Segler um mich, die Ruhe und Kompetenz ausstrahlen, einem ungefragt helfen und schon weiter weg waren, als vom Heimathafen zu Freunden in den Schären. Und was haben die alle zu erzählen! Da ich keinen Fernseher habe ist das schon ein Teil der Abendentspannung geworden. Und plötzlich sitzt man mit Leuten auf einem Boot, zu denen es sonst wenig Berührungspunkte gäbe. Wenn es sich nicht um andere “Einhänder” handelt, sind es nämlich oft Eigner großer Yachten, die sich irgendwie schon zur Ruhe gesetzt haben, wie z.B.: gerade Thomas, Ex-Firmenchef einers Daimler Zulieferers und Noch-Aufsichtsrat, der mit 52 beschlossen hat zu verkaufen um nicht mehr 70 Stunden die Woche zu arbeiten. Ganz anderes Kaliber und trotzdem (oder vielleicht deshalb) vergehen die Stunden klöndenderweise im Fluge. Das liebe ich auf jeden Fall auch an diesem Hobby. Der Hafen ist ja quasi das 19.te Loch der Segler und gerade wenn nur noch 3 Boote im Hafen liegen, schaut man immer nach, wer da nebenan an Bord sitzt.
Wo ich gerade beim Golfen als Vergleich bin. Mein Kumpel Olliwood bekam gerade die Online Werbung für eine Falke Golfsocke auf dem Rechner. Nun fragte er sich, ob es sich dabei wohl um die mit den 18 Löchern handelt!! Olli, du bist der Beste...