Folgendes Szenario: Jemand macht euch das Angebot ein halbes Jahr lang ein hochexklusives Leben zu führen. Villa am Meer, Privatjet, eigener Koch und Fitnesstrainer, Bootshaus, denkt euch etwas aus. Dazu ein Limit von einer Million auf einer Kreditkarte (wem das nach Alltag klingt, der kann hier übrigens aufhören zu lesen). Der erste Impuls wird wohl ein lauter Jubelschrei sein und die Vorfreude auf das wohl beste halbe Jahr des Lebens. Doch ist es das wirklich? Was passiert wenn das halbe Jahr vergangen ist? Kann man sein Leben danach einfach weiter führen und damit glücklich sein? Oder fühlt sich das Leben danach schlechter und grauer an? Unvollkommen und leer? Wie „Pretty Woman“ ohne Richard Gere, und man probiert sich mit seinem alten Leben zu arrangieren, hofft aber insgeheim, dass der Prinz zurückkommen möge? So ähnlich geht es mir nun seit die Zeitmillionen meines monatelangen Sommertörns aufgebraucht sind, und ich wieder mein altes Leben lebe.
Gedanken an die Zeit nach der Erfüllung meines Traumes hatte
ich stets bewusst weit von mir geschoben. Zunächst galt es ja so vieles
vorzubereiten, und Pläne zu machen. Von einsamen Ankerbuchten und Schärenplätzen
zu träumen. Auf gutes Wetter zu hoffen. Darauf folgte dann das bewusste Genießen
jedes Augenblickes auf der Ostsee; ein Leben für den Moment. Oder wie Christian
Irrgang in seinem Buch „Ostsee
linksherum“ beschreibt: das bewusste Auskosten des Momentes im exakten Moment
des Erlebens. Und nicht erst Monate später in der Erinnerung, weil man den
Moment vor Ort verpasst hat. Sondern sich vielleicht gerade Sorgen um die
Zukunft machte. Dieses zeitnahe Realisieren des Glückes ist mir perfekt gelungen,
und ich danke hiermit jedem Autor für Hinweise dieser Art, da sie einen davor
bewahren in die gleiche Falle zu tappen. In diesem Beispiel, die oben
beschriebene Situation. Worauf ich nämlich nicht vorbereitet war, war das „Danach“.
Das Erwachen nach der Reise, wenn von dem Traum nichts mehr über ist. So sehr
man auch probiert hat ihn festzuhalten und noch ein paar Sekunden weiter zu
träumen.
Sicher, alle Reisebücher und Berichte haben ein Ende. Da
klingt das dann entweder so: „Nach Anzahl
Monaten/Jahren bin ich nun wieder in unsere alte Wohnung gezogen und mache mich
auf den Weg zur Arbeit. Die Kollegen fragen: „Uuups, schon wieder da?“ und
widmen sich ihren täglichen Aufgaben und auch ich bin schnell wieder Teil des
Getriebes. Häufig träume ich noch von usw…..“, oder so: „Auf meine Bewerbungen
nach Ende des Studiums folgten ja viele interessante Angebote und in drei
Wochen beginne ich nun eine neue interessante Aufgabe, die mich zunächst sicher
sehr ausfüllen wird. Für das Segeln werde ich also erst einmal weniger Zeit
haben….“. Es gibt natürlich noch viele weitere Varianten, aber meistens ende
sie mit einem „Unhappy End“ im Sinne von „So das war‘s, nun muss ich aber mal
wieder.“ Pretty Woman muss zurück auf die Straße. (Schöner haben es hier einzig
die betuchten Rentner, dort würde dann beispielsweise stehen: „Toller Sommer.
Nächstes Jahr wollen wir dann für ein ein paar Monate nach Norwegen“. Würde
stehen. Denn meistens schreiben die ja nicht, sondern genießen einfach nur. Die
Weisheit des Alters.)
Aber kann man das wirklich so einfach? Kann man wirklich
sagen: „So das war’s“, der Traum wurde gelebt, abgehakt, weiter im Text? Mir
jedenfalls gelingt es nicht. Zu sehr hänge ich an den Erinnerungen, an dem Gefühl
meiner Zeitmillionen, an der Freiheit und der Ungebundenheit des letzten
Jahres. Doch dieser Traum ist erstmal ausgeträumt und kommt so nicht mehr
wieder. Trotz aller neuen Pläne und Aufgaben, die nun auch hier auf mich
warten, fühlt es sich oft leer an. Leer und grau. Denn was ich tue ist eben nicht
so einmalig, wie in Erfüllung meines Traumes monatelang über die Ostsee zu
segeln. Sicher, es ist auch schön und hat seine Momente, aber eben nicht in
dieser Dichte. Kann es ja gar nicht sein. Sonst wäre es ja nichts Besonderes
gewesen. Ich bin nicht unglücklich hier,
nur seit ich weiß, wie es sein kann anders zu leben, fällt es mir schwer einfach
wieder so zu leben wie vorher. Eben so, als wäre man sechs Monate Millionär
gewesen und nun wieder Tellerwäscher. Und genau darauf war ich nicht
vorbereitet. Das mir das Leben, was mir vor der langen Reise gut gefiel, nun
etwas weniger gut gefällt, weil ich hinter dem Horizont etwas Neues und
Schöneres gesehen habe. Aber genau darauf sollte sich jeder einstellen, der
Ähnliches plant oder gerade erlebt. Denn
es wird deine Sicht der Dinge unweigerlich verändern. Ich wollte das hier nur
mal gesagt haben.
Mir bleiben jetzt drei tröstende Gedanken.
Eins: Wenn mir mein Leben vorher so gut gefallen hätte, hätte
ich dann den Aufwand betrieben hinter den Horizont zu fahren? Vermutlich nicht.
Zwei: Das wahre Glück, liegt nicht in den Millionen, sondern
in den Menschen und der Liebe um einen herum. Das ist zu mindestens die Aussage
zahlloser Filme, die diesen Gedanken aufgreifen und auch bei mir definitiv wahr. Ich würde jedenfalls keinen
der mir eng verbundenen Menschen für Zeit- oder Geldmillionen hergeben.
Drei: Wer sagt denn, dass man nicht von neuen Abenteuern
träumen kann? Nein, sogar muss um nicht depressiv zu werden. Denn die eigenen Träume
sind ja stets das Produkt aus den Erfahrungen hinter dem Horizont und den entstandenen
neuen Sehnsüchten. Und sie wachsen in gleichem Maße, wie ich auf der Reise
innerlich gewachsen bin.