Mittwoch, 30. Juli 2014

Logbuch - Mittwoch, den 30. Juli 2014



Standort Gräddö

- nach Tagen der Hitze heute endlich mal bewölkt und windig




Nachdem ich lange nichts mehr ins Logbuch geschrieben, sondern mich lieber mit einzelnen Themen befasst habe, hier mal ein Update im leichten Schnelldurchlauf für alle, die am genauen Verlauf der Reise interessiert sind...

- von Stockholm ging es zunächst nach Grinda, einer Empfehlung aus dem Törnführer. Eigentlichganz nett, aber hoffnungslos überlaufen. Meine erste Bekanntschaft mit den schwedischen Sommerferien und tausenden von Kleinfamilien. Das Wasser ist nun warm genug zum Schwimmen und ich bestelle mir Matjes mit Kartoffeln und erhalte 3 Stücke ABBA Sild und 5 ganz kleine Pellkartoffeln...für 16€. Ich wurde nicht warm mit der Insel, abends läuft dann Fussball Deutschland-Frankreich in einem Hotel auf meinem Laptop. Die haben dort einfach einen Desktop PC ohne WiFi Device hingestellt und sich gewundert, wo das Internet geblieben ist...übrigens habe ich das Spiel mit 4 Franzosen gesehen, hehe!!







Am nächsten Morgen dann sofortiger Abflug...ich beschloss den Stockholmer Schärengarten im August zu besuchen, in der Hoffnung auf das Ferienende der Schweden und nehme mir direkt die Aland Inseln als nächstes Planungsziel vor. Auf dem Weg durch den Furusund nach Norden gelange ich nach...


- Kyrkogardsön, ein für mich magischer Ort mit toller Atmosphäre. Der Name bedeutet Friedhofsinsel und stammt aus der Zeit einer großen Choleraepidemie. Er wurde hier vor einigen hundert Jahren angelegt wurde, um die Toten möglichst weit weg zu beerdigen. Im frühen 20sten Jahrhundert wurde dann hier eine Festung angelegt, deren Kanonen und Beton die Insel auf der Rückseite dominieren. Alles ist jedoch irgendwie rund  und kurvig gebaut um sich der Insel anzupassen und sieht daher recht abgedreht aus. Man kann hier einfach so herumlaufen, es gibt eine Art Herberge, die immer offen steht mit WLAN und Fernseher und es sind wenig Boote am Steg. Ich bleibe direkt für 2 Tage und schaue alleine ein Brasilienspiel, wie zu Hause im Wohnzimmer...witzig!!




  - Mir gehen die Vorräte aus und über Kapellskär, ein extrem flacher und mückiger Hafen ohne alles geht es in die lokale Hauptstadt Norrtälje. Hier bleibe ich für 3 Tage, miete mir ein Fahrrad, kaufe jede Menge ein, sehe 2 Halbfinalspiele in einer Sportsbar und entspanne. Stadtleben eben...


- Der Wind steht immer noch gegenan, also verschiebe ich auch den Besuch auf Arholma und den direkten Weg nach Mariehamn auf den Alands und befahre stattdessen den Väddökanal. Kann man, muss man aber nicht machen sagt das Internet ganz richtig...irgendwie hat es dann aber doch Atmosphäre, ich kann ganze Abschnitte gut segeln und 2 Drehbrücken und eine sehr enge Kanaletappe machen die Sache abwechslungsreich. Ausserdem überquere ich den 60sten Breitengrad. 





Weiter gehts nach...

- Raggarö, ein ganz kleiner Anleger der eigentlich traumhaft wäre, wären da nicht ein paar Schweizer mit ihrem Motorboot. Bier, Bier, Bier...laber, laber, laber....die bösen Ausländer usw. Das Schlauchboot hilft mir dem Elend zu entfliehen.




- Und dann ging es nach Grisslehamn, ein sehr guter Absprunghafen Richtung Ost mit Versorgungsmöglichkeiten und einem Restaurant mit Fernseher. Hier gab es denn das Finale. Die Schweden waren alle für Argentinien. Pech gehabt....mit 3 weiteren Deutschen, ein Vater mit Söhnen auf großer Fahrt, konnten wir jubeln. Hier blieb das Boot für ein paar Tage und ich fuhr mit dem Bus nach Stockholm.





- Dann bei bestem Wetter nach Enskär, die erste Haltestelle Richtung Aland. Es ist eine verlassene Küstenwachstation mit morbidem Charme. Mit mir nur noch 3 Boote, alles sehr einsam und ruhig nach Schweden. Endlich aufatmen...





- Ab nach Käringsund. Hier wieder Familientag und sehr voll. Trotzdem ein schöner Platz mit Aussicht von den Felsen. Ich fahre mit dem Bus in die Hauptstadt Mariehamn um zu versorgen, auch ne Beschäftigung. Der Supermarkt liegt aber 45 Minuten Fussmarsch ausserhalb, als ich ankomme, bin ich komplett platt von der Hitze. Ich will mir dann ein Taxi ordern, habe aber nur Internet und kein Telefon mit meiner frisch erworbenen SIM Karte. Also bitte ich eine Lady für mich das Taxi zu rufen, sie nimmt mich aber spontan mit und will mich zurück in die Stadt fahren. Vorher muss sie allerdings noch zu ihren Eltern in den tiefen Wald und Blumen giessen, das Auto ist eine einzige Müllhalde und es läuft eine Japanisch Lehrkassette...der Stoff aus dem Horrorfilme gemacht sind, nur mit umgekehrten Rollen...männlich/weiblich. Trotzdem lasse ich etwas Distanz  und das Auto zwischen uns, als sie aus dem Haus zurückkommt...man weiß ja nie!! Aber alles easy..die Dame ist Roh-Veganerin (nichts gekochtes!) und sagt auch nett "Auf Wiedersehen" in Mariehamn. Aber irgendwas in ihrem Blick..hätte ich ihr das Taxigeld anbieten sollen oder einen Drink? Keine Ahnung..





- Über das wunderschöne Häfchen Notviken mit angegliedertem Campingplatz geht es bei bestem Segelwind in den Naturhafen Stegskär, die Ankermanöver an den Schären klappen nun zuverlässig. Hier liege ich mit toller Aussicht sehr einsam und zufrieden. 








- Genauso in Björkör, etwas abseits der Route und eigentlich zu flach für mein Boot, wie mir das Echolot entgegenschreit. Im zweiten Anlauf passt es aber irgendwie. Das Wasser ist so warm, das es von Blaualgen nur so wimmelt...ganze Abschnitte sind nur noch eine erdfarbene Pampe und es gibt nirgends wirklich klares Wasser. Das liegt angeblich an der Windstille und der extremen Hitze. Hier liege ich endlich ganz alleine und habe  Anleger und Insel ganz für mich alleine, ein irres Gefühl!!







- Nun will ich noch schnell nach Finnland, aber der Weg zieht sich. Es geht zickzack durch die Schären und man muss sehr aufpassen, immer alle Tonnen an der richtigen Seite zu haben. Teils sind die Fahrwasser nur für Boote bis maximal 1,80 Tiefgang ausgelegt, auch hier muss der Blick dann immer auf dem Echolot ruhen.
- Über Sottunga und Sandvik will ich nach Utö, breche aber aus Mangel an Wind und ob der großen Entfernung ab und drehe um Richtung Schweden.






 - Nach einem extrem langen Segeltag bleibe ich für 2 Tage in Degerby, schön ist es hier und lande wieder auf Stegskär um die Überfahrt nach Schweden anzugehen. Hier komme ich an in...







- Arholma im sehr lauten Familientreiben und fahre dann nach Gräddö. Das ist wieder ein Tourihafen mit vielen deutschen Booten, aber herrlich gross und anonym. Genau das Richtige für 3 Tage Pause...






Dienstag, 29. Juli 2014

Logbuch - Mittwoch, den 2.Juli 2014

 
Standort: Stockholm
Wetter: wechselhaft, alles dabei

- Von Arkösund ging es zunächst unter Motor bei 5 Bft. gegenan und dann in einem wilden Am-Wind-Ritt mit immer noch mehr auffrischendem Wind nach Oxelösund. Das ist eine der hässlichsten Städte, die ich bisher gesehen habe. Den Fussweg ins Zentrum sollte man sich sparen, es gibt dort NICHTS zu sehen. Der Fischereihafen kostet angeblich die Hälfte vom Yachthafen und hat mir in seiner Rödeligkeit wiederum sehr gut gefallen. 



- Der Abschied fiel leicht am nächsten Morgen Richtung Nyköping. Auch hier ging es bei frischem Wind die ganze Zeit unter Motor gegenan, am Ende noch ein paar Meilen durch ein sehr enges Fahrwasser... supernervig. Ich hasse Motorfahrten, aber bei dem Wind gegenan zu kreuzen mit so wenig Platz ist auch keine Lösung. Nyköping ist recht groß und vor allem am Hafen extrem belebt. Oldtimershows, Musik und viele Menschen, von daher sehr kurzweilig. Ich musste ja nach Deutschland zurück zu einem Auftritt und das Boot blieb dann 5 Tage hier.



- Nach dem ganzen Trubel suchte ich die Einsamkeit und Natur und fand sie (die Natur, nicht die Einsamkeit) auf dem Weg und in einer Bucht der Insel Ringsön. Dieser schöne Abend an einer Schäre mit Grillen und allem pipapo hat mich wieder zurück in den Urlaub gebeamt.


- Von Ringsön ging es weiter durch die Schärenwelt und teils sehr enge Durchfahrten unter Segeln bis Trosa. In den ganz schmalen Durchfahrten lief der Diesel mit, da der Wind hier immer sehr wilde Dinge tut, die man mit nur 60cm unter dem Kiel und 10 Metern Platz nicht gebrauchen kann. Ansonsten allerfeinstes Schärensegeln.


- In Trosa blieb ich zwei Tage. Auch hier wieder Oldtimershow, Stadtlauf und Konzerte. Im Sommer scheint am Wochenende immer extrem viel los zu sein. Fussball gab es leider nirgendwo zu sehen, da Schweden nicht dabei ist, scheint das hier niemanden zu interessieren. Ich habe nun eine Lösung über falsche IP Adresse und Live Stream vom ORF1 über WLAN gefunden. Immerhin...Ach ja, und in diesem Angelwirrwar habe ich auch noch mal nachgerüstet. Evtl. beisst ja doch noch mal etwas an!

- Nun musste ich entscheiden: Außenrum oder hintenrum nach Stockholm. Der Wind entschied für mich und blies mich mit 5 Bft. von achtern schnell durch eine mal ganz andere Landschaft nach Södertalje. Es hatte irgendwie was vom Nord-Ostseekanal in "Schön", mit faszinierenden Inseln und darauf stehenden Häusern aus dem Schöner Wohnen Magazin. Vor der Schleuse habe ich dann im Ort festgemacht und im Irish Pub Brasilien-Chile gesehen, mit einem Haufen Fans aus Chile und Captain Morgan wurde es dann schön laut und fussballgemütlich.

- Nun galt es wieder zu entscheiden. Stockholm oder Schloss Gripsholm in Mariefred? Bauchgefühl sagte: Gripsholm. Also ab auf den Malärensee (der drittgrößte in Schweden) und wieder durch eine ganz andere Landschaft ging es sehr, sehr weit bis Mariefred. Häufig kam der Wind gegenan, aber bei der Menge Platz wird gekreuzt. Einer muss ja gegen die ganzen motorenden Segler anstinken und es macht auf einem See auch deutlich mehr Spass als bei viel Welle auf der Ostsee. Die Ankunft in Mariefred und am Schloss war schon beeindruckend. Der Hafen liegt einmalig, der ganze Ort hat Atmosphäre und das Schloss habe ich mir auch von innen angesehen. Kopfkino in die Vergangenheit!! An den Wänden sehr viele Bilder vergangener Kurfürsten, Herzoge, Könige etc. Haare und Klamotten der alten Recken erinnern doch sehr an die Rock/Metalbands der 60er und 70er. Black Sabbath wurde wohl 1650 in Gripsholm gegründet und die Klamotten und Frisuren über Generationen vererbt, oder die sind mit schwarzer Magie schon 300 Jahre alt...optisch käme das ja hin! Und bei einigen Kollegen sind denn auch schon rote Spandexhosen mit Hasenpfote am Start...kein Wunder also das Europe eine schwedische Band ist. Weil es so schön war blieb ich auch hier zwei (Achtelfinal mit jeweils zwei Spielen und WLAN im Hafen) Tage, bevor ich mich dann endlich aufmachte nach Stockholm.