Letztens bei der
Ausfahrt aus der Schlei. Seit Tagen herrscht Starkwind aus Ost und auch heute bläst
der Wind wieder mit Stärke 6. Aus Ost, also genau gegenan, wenn man die Schlei
verlasssen will. Schon im letzten Jahr hatte ich hier sehr unschöne Erfahrungen
gemacht, da meine Schraube bewachsen war und kaum noch Schub brachte. Nur das,
zum Glück schon bei der Ausfahrt gesetzte, Großsegel gab mir die Chance mich freizukreuzen.
Dieses Jahr also auf ein Neues, die Schraube hatte ich nun aber bereits vor
Anker kontrolliert. Dafür erscheint mir die Welle dieses Jahr höher. Mühsamst
kämpfe ich mich um 0545h mit meinen 10 PS an Maasholm vorbei Richtung
Schleimünde.
In der Nacht beruhigt sich die Ostsee meist etwas; daher der frühe
Aufbruch. Rund um die Einfahrt schlagen große Brecher gegen die Mauern, und auch
in der Einfahrt brechen sich Wellen. Aber es sind keine Grundseen, denn dann
würde ich sofort umdrehen. Stattdessen geht zunächst das Großsegel im zweiten
Reff nach oben. Mit dem Traveller sorge ich dafür das es nicht killt, aber auch
noch nicht viel Druck aufbaut. Sehr langsam gleite ich nebem dem Leuchtturm
vorbei durch die Enge. Zusätzlich zu den brechenden Kronen gibt es hier aber
auch „stehende“ Wellen. Beim Wildwasserfahren nennt man diese, glaube ich,
Walzen. Und in so einer Walze kommt „La Mer“ zum Stillstand. Ich erhöhe die
Drehzahl weiter. Kein Erfolg. Direkt neben dem Leuchtturm Schleimünde stehe ich
mit rappelndem Diesel auf der Stelle. Kein Grund zur Panik.
Ich falle nun etwas
ab und bekomme Druck auf das Groß. Bloß noch nicht zuviel. Denn jetzt zuviel
Krängung wäre in der schmalen Einfahrt mit den nur wenigen Metern Platz nach
Steuer- und Backbord fatal. Es kommt auf das genaue Zusammenspiel von Pinne und
Großschot an und siehe da: Langsam geht es wieder vorwärts und ich bekomme etwas
Fahrt in das Boot. Aber mit der Krängung steigt nun auch das Risiko für meinen alten
Diesel, der ja nicht gerne schräg steht. Ein paar Meter noch, dann rolle ich
die Fock etwas heraus, hole sie dicht, falle weiter ab, setze den Pinnenpiloten
und stoppe den Diesel. Dafür muss ich in meinem Boot übrigens unter Deck. Das
muss nun wirklich alles sehr schnell gehen, denn nun heißt es freikreuzen dicht
an der Brandungszone, während enorme Wellen mit dem Boot spielen. Es könnte
gerade so passen, aber ich habe im zweiten Reff bei diesem Seegang eine enorme
Abdrift. Das Herz schlägt bis zum Hals. Jetzt mit so wenig Fahrt gegen die
Brecher wenden zu müssen, könnte auch daneben gehen. Wie so oft bin ich ja
alleine unterwegs. Ich kämpfe um jeden Meter Höhe und schaffe es dann endlich die
Einfahrt nach Olpenitz an Steuerbord zu lassen. Das war wieder mal knapp!
In
diesem Moment klingelt mein Handy. Meine Frau. „Guten Morgen, Schatz!“, schreie
ich gegen den Wind. „Wie gehts dir?“ „Ich bin grad aufgewacht und liege noch im
Bett“ Und so weiter...ein ganz normales Morgengespräch eben. Wenn ich nur nicht
eben gerade dieses wilde Abenteuer bestanden hätte. „Und wie geht‘s die so?“ „Ja,
ich kämpfe gerade etwas mit Rasmus, aber ist grad alles gut. Ein wenig
windig...ich muss jetzt auch aufhören!“ „OK, pass auf dich auf“. Ich schmeisse
das Handy an seinen Platz unter der Sprayhood, während der Bug tief in eine
Welle stampft und ich von oben bis unten geduscht werde. Und denke an den
langen harten Ritt nach Kiel, der mir nun noch bevorsteht. Und irgendwie finde
ich es schräg, das man mal eben so von Bett zu Boot telefoniert. Während der
eine warm unter der Decke liegt und der andere um Boot und (ich übertreibe mal)
Leben kämpft. Und während ich stolpernd und fluchend meine vollkommen
durchnässten Sachen unter dem wild schaukelnden Deck wechsel, komme ich darüber
aus dem Grinsen nicht mehr heraus. Und habe irgendwie Sehnsucht nach dem warmen
Bett.