Am nächsten Morgen machen wir nun langsam
Pläne für die letzten verbleibenden Tage unser Charter. Wann müssen wir das
Boot abgeben. Hmm…Übergabe Samstag früh 0830 steht im Raum. Also heißt es freitagabends
in die Marina einzulaufen. Heute ist Mittwoch. Daher wollen wir zunächst nach
Fort-de- France, welches wir auf dem Hinweg ja ausgelassen hatten, und morgen
dann noch einmal in die Grande Anse d’Arlet, die uns bereits auf dem Hinweg so
sehr gefallen hatte. Am Freitagmorgen geht es dann ab nach Le Marin zur Basis. Ein
sehr relaxter Plan der auch navigatorisch nicht mehr viel verlangt. Einzig die
lange Passage gegen den Wind am Südende von Martinique könnte noch einmal
anstrengend werden. Aber Zeit haben wir ja genug. Alle wünschen sich nach den
vielen Ankerbuchten für heute ein Marina, und auch die Akkus schwächeln seit
Tagen vor sich hin und können auch einmal Landstrom gebrauchen. Im
Charterführer ist in Fort-de-France am Pointe de Bout eine kleine Marina
erwähnt, allerdings nur für Einheimische. Und auch die Charterbasis erzählte
von einer neu ausgebauten Marina mit viel Platz. Na dann. Es ist sogar ein
Anlieger möglich, obwohl es aus der großen Bucht von Fort-de-France recht stark
weht. Wie immer Mittelwind 4 plus die Düse in der Bucht.
In der Einfahrt zur Bucht
dann ein Schrei: „Delphine!!!!“. Alle stürmen nach vorne, ich gehe ans Ruder
und bringe uns auf ebenen Kiel, damit mir nicht noch jemand über Bord geht bei
dem Gerenne und Geschwenke der Handys! Es bietet sich aber auch imposantes
Bild. In Delfin nach dem anderen schwimmt am Boot vorbei. Einzeln und in
Gruppen. Das müssen über hundert Stück sein. Jedenfalls ist die Freude an Bord
enorm. Als der letzte Delfin vorbei ist, steht auch schon die Ansteuerung der
Marina an. Über Funk meldet sich niemand, über Telefon bricht der Kontakt
ständig ab und es wird, wie immer, nur französisch gesprochen. Erst in der
Einfahrt der Marina klappt dann die Verständigung und ich sage der Dame, das
wir im Hafen wären und nun einen Platz suchten. „NonNonNonNonNon!!!!“ tönt es
aus dem Hörer. Sofort umdrehen, es gäbe keinen Platz. Das verstehe sogar ich,
und fahre einen U-Turn in der Einfahrt. „Ich soll Marina Irgendwas mit Abricot
auf Kanal xy rufen“. Alles klar. Nur wo ist diese Marina? Über Funk meldet
sich, wie üblich, niemand. Der Törnführer nennt zwei kleine Stege mit dem Namen
z’Etang d’Abricot. Ob das die ausgebaute Marina ist? In Seekarte und Plotter
finde ich nichts, allerdings sieht man am anderen Ende der Bucht ein Menge
Masten ungefähr dort wo die erwähnten Stege sich befinden. Also los. Nun erst
fällt mir auf das die Bucht an vielen Stellen untief sein soll und es nur ein
paar ausgetonnte Wege gibt. Allerdings wurde die Marina eben auch mit einer
Wassertiefe von 0,30cm angegeben. Ich drehe aber nun noch einmal um, um die
betonnte Rinne zu erwischen und kein Risiko einzugehen. Fünf Minuten später
geht ein großer Segler quer vor mir durch, über alle Untiefen. Am Ende finden
wir eine sehr große, moderne Marina vor, bekommen Funkkontakt und erhalten
einen Platz zugewiesen. Für sagenhafte €10,70.
Am nächsten Morgen geht es dann
mit vollen Akkus und Wassertanks weiter. Wir waren abends noch mit dem Taxi im
Zentrum von Fort-de-France, haben aber nicht mehr wirklich viel von der Stadt
gesehen. Aber mal wieder warm geduscht. Ein paar Meilen später fällt der Anker
in der Bucht von Grand Anse d’Arlet. Ich gebe direkt alle Kette raus, da es
wieder Fallböen gibt. Übrigens ist es beim Abtauchen des Ankers interessant zu
sehen, wie die lange Kette in einer Böe zunächst die Windkräfte auffängt, bevor
diese überhaupt den Anker erreichen. Das Boot liegt jedenfalls sicher und wir
genießen das Bordleben. Schwimmen, ein kleines Mittagessen an Land, schwimmen,
dösen. Wunderbar. Das wollen wir morgen Vormittag wiederholen und uns dann auf
den Rückweg machen. Wir träumen schon vom mondänen Abschiedsdinner im
Stegrestaurant der Marina von Le Marin. Davon hungrig fahren wir noch einmal an
Land und bestellen Pizzas direkt am Strand. Inklusive Sonnenuntergang.
Traumhaft. Bis Merih sagt: „Wieso haben wir denn für morgen Abend noch ein
Hotel gebucht? Wir übernachten doch auf dem Boot und fliegen abends dann
zurück.“. Stimmt, komisch. „Ist aber noch stornierbar“. Irgendwie merkwürdig
das Ganze. Und nun nimmt das Schicksal seinen Lauf. „Ich schau nochmal auf den
Chartervertrag“, sage ich. Und dort steht: Rückgabe, 29.7.2016 0830h. „Was für
ein Datum haben wir heute?“. „Den ersten!“. „Uupps, das bedeutet wir müssen das
Boot morgen früh abgeben, also Freitag. Wie sind wir denn bloß auf Samstag
gekommen?“ Allgemeine Ratlosigkeit. Irgendwann haben wir nicht mehr in Daten
gerechnet, sondern in Wochentagen. Ein fataler Fehler. Was nun? Ich überlege
kurz den Anker zu lichten und loszufahren. Das wäre aber bei der Dunkelheit und
den mit Hummerkörben gespickten Gewässern unverantwortlich. „Wann geht denn die
Sonne auf?“. „Laut Internet um 0515h“. Ok, wenn es vorher schon etwas dämmert
kann ich sehr früh los. Dann sollte bei einer Distanz von 15 Meilen 0830h doch
machbar sein. Im Vertrag steht, man könne auch direkt vor der Marina ankern um
dann morgens gleich dort einzulaufen. OK, direkt vor der Marina liegen wir nun
nicht, aber doch fast. Wenn wir nur nicht gegenan müssten, aber mit 40 PS
sollte das doch auch zu schaffen sein. Entscheidung also: „Abfahrt 0500h“.
Unsere gute Laune ist aber dahin.
Eben noch relaxt wird es nun mit einem Mal
hektisch. Aber das Schicksal hat noch ein weiteres Attentat auf uns vor. Dieses
Mal ist es Henning der unruhig wird. Sie fliegen über Puerto Rico zurück nach
New York. „Kann ich mal mit deinem Handy ins Internet?“ Kurze Pause. „Mist, wir
fliegen morgen früh um 0800h“. Jetzt wird es langsam kompliziert. Von der
Marina aus werden sie es morgen früh nicht schaffen. Also gibt es nur eine
Lösung. Sofortiger Aufbruch mit dem Taxi in ein Hotel in Flughafennähe. Alleine
das Taxi zum Flughafen kostet von hier aus €100.-. Aber allemal günstiger als
ein neues Flugticket. Jetzt ist alle Ruhe vorbei. Mit dem Dinghi geht es zum
Boot und mit Innenbeleuchtung und Taschenlampen kramen die beiden ihr Gepäck
zusammen. Das Taxi soll in einer Stunde hier sein. Was für ein Abschied. Ich
fahre die beiden mit dem Dinghi und Gepäck zum Steg und wir warten gemeinsam
auf das Taxi. Es regnet. „Kommt gut nach Hause und bis bald!“, und weg sind
sie. Kein mondänes Abschiedsdinner. Kein letzter Abend. Den hatten wir eben bei
4 halb gegessenen Pizzen. Naja, wenigstens haben wir Frühstück, denn unsere
Vorräte sind leer. Nach einer kurzen Nacht geht mit dem ersten Licht der Anker
aufwärts. Hebel auf den Tisch. 40PS gegen langsam auffrischenden Wind und
Welle. Das Boot ist stärker und wir entspannen uns. 0830h schaffen wir auch mit
Tanken noch locker. Das Charterteam kommt mit einem Dinghi an Bord und
übernimmt das Anlegen in dem Gewusel aus Mooringleinen und Hecktonnen.
Geschafft.
Auch wir müssen nun das Schiff verlassen und ebenfalls mit dem Taxi
nach Fort-de-France fahren. In unser Hotel. Denn das war an der ganzen Aktion
der einzig richtige Gedanke. Eine Übernachtung in brauchen wir noch bevor wir
dann morgen Abend die Rückreise antreten. Und so bleiben uns noch fast zwei
ganze Tage für Fort-de-France, die wir auch gebührend nutzen um diesen so
einmaligen Törn abzuschließen. Leider ohne die beiden anderen. Die sich aber
über Handy aus Puerto Rico melden. Alles hat geklappt. Alle sind gesund. Das
Boot ist heil. So soll es sein! Einzig der viele Regen am allerletzten Tag und
eine Hurricanewarnung (Der Hurricane Earl verwüstet dann in der Tat ein paar
Tage später einige Teile von Mexico), zeigen uns noch einmal, das wir wohl
wirklich Glück mit dem Wetter hatten. Ein Faktor, den man im Sommer in der
Karibik nicht überbewerten, aber auch niemals vergessen sollte.