Während die bisherigen Törns navigatorisch recht simpel waren, galt es nun für die Rückfahrt von Domenica nach Martinique etwas genauer
zu planen. Da ist man als Skipper dann natürlich ganz speziell gefordert, wenn niemand an
Bord über navigatorische Kenntnisse verfügt, aber doch möglichst angenehm und
zügig segeln will. Der Törnführer gibt ein paar Infos zu Wind und Strom und
auch in der Seekarte sind ein paar weitere Einträge zu finden. Aber alles sehr allgemein und oberflächlich. Also gilt es sich einen eigenen Plan aus Gelerntem
und Angelesenen zu machen. Mittlerweile habe ich genug Abhandlungen über
lokale Windverhältnisse gelesen um mir selbst ein Bild machen zu können. Betrachten wir
zunächst den
Wind: Er weht seit
Tagen konstant aus Ost mit Stärken zwischen 3-5 Bft. Zwischen den Inseln kommt
nun voraussichtlich noch ein Düseneffekt hinzu, plus ein Kapeffekt sowohl am
Nordkap Martiniques als auch am Südkap Domenicas. Die Stärken kann ich nur
schätzen, vermute aber 5-6 Bft. in der Passage, plus 1-2 Bft. in Böen
obendrauf an den Kaps. Außerdem wird der Wind mit den Kaps mitdrehen. Das
bedeutet also das er am Südkap vorlicher kommen wird als in der Passage. Und am
Nordkap Martiniques wird er dann zunehmen und raumen bis er dann schwächelt.
Generell liegt Martinique weiter östlich als Domenica; es wird also etwas
gegenan gehen müssen. Die Fallböen dicht unter Land sind in Domenica zu
berücksichtigen. Denn sie kommen buchstäblich von oben. Das macht sie gefährlicher
als die sonst üblichen horizontal einfallenden. Diese krängen ja das Boot und
die verringern damit die wirksame Segelfläche im Wind. Kommen die Böen aber von
oben, wird mit der Krängung die wirksame Segelfläche immer größer bis man platt
auf dem Wasser liegt.
Strom: Es gibt
einen permanent nordwestlich setzenden Karibikstrom. Der hatte uns auf dem Hinweg
nach Domenica sicherlich angeschoben. Doch da die Logge defekt war konnte ich
nicht, wie sonst üblich, aus der Differenz aus Fahrt über Grund (Anzeige GPS)
und Fahrt durchs Wasser (Anzeige Logge) Rückschlüsse auf die Strömung ziehen.
(Beispiel: Anzeige GPS 8kn über Grund, Anzeige Logge aber nur 6kn würden
bedeuten das 2kn Strom mitschieben). Wie im letzten Eintrag beschrieben
differiert der Strom (oder besser dessen westwärts setzende Komponente) aber auch mit der Tide. Hier konnte ich mich nur an den NW und HW Zeiten in Roseau (per SMS
aus Deutschland) orientieren und der Info in der Seekarte, das die Flut in der
Karibik für Weststrom sorgt. Allerdings waren hier die Strömungen nur im
Zusammenhang mit Mondauf und -untergang angegeben. Und unterschieden sich von
den aktuellen Tidenzeiten. Alles etwas verwirrend, aber ich wollte zumindestens
mein Bestes tun. Um 1430h ist HW für Roseau angegeben, setzt also der Ebbstrom
ein. Und der soll je nach Stärke die Westkomponente aufheben bis gar östlich
überlagern.
Welle: Die Welle kommt
mit dem Wind aus Ost und dreht an den Kaps entsprechend mit.
Untiefen: Nur der in seiner Position
etwas unbestimmte 7 Feet Rock vor Scotts Head.
Der Rückweg geht nach Luv
Aus diesen Faktoren schmiedete
ich nun den folgenden Plan:
Zunächst muss Strom her um dem Autopiloten für
die lange Passage zwischen den Inseln genug Energie bereitzustellen. Also geht
es zunächst unter Diesel bis zum Südkap Domenicas mit ausreichend Abstand zu
Untiefe und Fallböen. Da mich bis hierher die Strömung noch nicht interessiert
will ich um 1230h los um dann bei Stillwasser/Tidenkipp auf Startposition zu
sein. Dort sollen die Segel dann zunächst im zweiten Reff hochgehen und ich
will eine gute Mischung aus Speed und Höhe finden. Da ja am Südkap Wind und
Welle von vorne kommen werden, muss ich also zunächst weit westlich abfallen um
Fahrt ins Boot zu bekommen. Die nötige Höhe Richtung Martinique kann ich dann
ja später noch steuern, da der Wind ja immer raumer kommen wird. Dann heißt es
auch auszureffen und in einer Art Kreisbogen Martinique anzusteuern. Kurz
gesagt, der Törn fängt ruppig an, wird im Laufe des Tages aber immer relaxter.
Soweit der Plan. Einzige Unbekannte ist der Gegenstrom, und der daraus
resultierende Bootspeed . Und damit die Ankunftszeit, die ja gerne vor Einbruch
der schnellen Dunkelheit in der Karibik liegen sollte und laut Chartervertrag
auch muss, denn Segeln in der Dunkelheit ist hier pauschal verboten. Und genau
das wird auch das Problem. Lief das Boot auf dem Hinweg fast dauerhafte 8kn,
ist davon heute wenig zu spüren. Generell ist der Mittelwind einfach schwächer
als vor zwei Tagen. Hatte ich mir auf dem Hinweg am Südkap das zweite Reff
gewünscht, ist die Besegelung heute schlicht zu klein, auch wenn für die eine
oder andere Böe gerade richtig die um und über das Kap donnert, kommt im Mittel
einfach keine Fahrt gegen die doch recht hohe Welle auf. Also heißt es gleich
wieder ausreffen. Wegen der Lazybags und dem Einleinensystem ist das einhand
echte Arbeit. Diesel an, genau Kurs legen, Autopilot an. Das ganze
Einleinensystem ist schwergängig und klemmt und die Böen machen es nicht grad
einfacher. Im ersten Reff passt nun die Besegelung und auch ein passender Kurs,
auf dem das Boot einigermaßen läuft findet sich. Aber der geringe Speed… leider keine
Logge, aber über Grund liegen wir irgendwo zwischen 4 und 5 Knoten. Da kann ich
mich dumm und dusselig trimmen. Die im Verhältnis zum Wind hohe Welle bremst und
dazu kommt auf jeden Fall noch Gegenstrom. Ich muss also erst einmal Raum gegen
Speed tauschen und hoffe auf deutlich bessere Verhältnisse vor Martinique. Auch
variieren Wind und Welle extrem, so das mit dem Autopiloten nicht viel zu holen
ist. Also heißt es heute fleißig Ruder zu gehen.
Eine der vielen Schildkröten, denen wir im Wasser begegnet sind
Je weiter weg wir vom Südkap kommen, umso mehr
schwächelt, wie vorhergesehen, der Wind. Nur die Welle steht weiterhin stramm.
Es wäre Zeit zum Ausreffen. Nur bedeutet das vor Martinique wieder viel Arbeit,
denn dort muss ich ja sicher wieder einreffen. Und soweit ist es nicht mehr.
Wenn dann nur 3kn auf dem GPS stehen reicht es mir und ich will die Segel
vergrößern, doch genau dann frischt der Wind wieder auf, wir schieben Lage und
die Fuhre läuft. Aber im Mittel kommen wir heute einfach nicht vorwärts. Dann
vor Martinique endlich die Erlösung. Der Kapeffekt setzt ein und zwar
ordentlich. Nun bin ich froh, das Reff drinbehalten zu haben. Ich kann nun
ordentlich anluven, die Kiste läuft und pflügt nun durch die Wellen. Mit nun
immerhin 6kn. Ich kann dann auch St. Pierre anlegen, der Blick auf die Uhr
mahnt aber zur Eile. Denn die Sonne sinkt schnell. Irgendwann lassen dann Wind
und Welle nach, und der Diesel geht an.
Eigentlich ist mein Plan soweit aufgegangen. Wind, Welle, Strom alles war so in etwas wie vorhergesehen. Nur den Gegenstrom hatte ich schwächer einkalkuliert und den Wind stärker. So haben wir viel Zeit verloren, sind aber sicher, entspannt und ohne Seekrankheit durch die Passage gekommen. Auch etwas wert und es freut die Crew! Nun müssen wir jedoch in tiefer Dunkelheit die zum Glück schon bereits bekannt Mooringtonne suchen. Mehr Sorge bereiten mir allerdings die überall liegenden Hummerkörbe die oft nur mit leeren Flaschen markiert sind. Also geht die Decksbeleuchtung an und die Crew mit Taschenlampen auf das Vorschiff und dirigiert mich durch die Körbe. 10 Minuten später liegen wir dann auch schon gut vertäut in vertrauter Position und plötzlich es schüttet das erste Mal auf diesem Törn wie aus Eimern. Perfektes Timing. Bei dieser Sicht hätten wir Probleme gehabt die richtige Tonne zu finden. Und etwas später hätte uns der Schauer im Schlauchboot komplett durchnässt. So warten wir einfach 20 Minuten ab und setzen dann über, um in Martinique an einem Rechner im Restaurant einzuklarieren. Martinique ist da doch deutlich unkomplizierter als Domenica.
Es regnet im Paradies
Eigentlich ist mein Plan soweit aufgegangen. Wind, Welle, Strom alles war so in etwas wie vorhergesehen. Nur den Gegenstrom hatte ich schwächer einkalkuliert und den Wind stärker. So haben wir viel Zeit verloren, sind aber sicher, entspannt und ohne Seekrankheit durch die Passage gekommen. Auch etwas wert und es freut die Crew! Nun müssen wir jedoch in tiefer Dunkelheit die zum Glück schon bereits bekannt Mooringtonne suchen. Mehr Sorge bereiten mir allerdings die überall liegenden Hummerkörbe die oft nur mit leeren Flaschen markiert sind. Also geht die Decksbeleuchtung an und die Crew mit Taschenlampen auf das Vorschiff und dirigiert mich durch die Körbe. 10 Minuten später liegen wir dann auch schon gut vertäut in vertrauter Position und plötzlich es schüttet das erste Mal auf diesem Törn wie aus Eimern. Perfektes Timing. Bei dieser Sicht hätten wir Probleme gehabt die richtige Tonne zu finden. Und etwas später hätte uns der Schauer im Schlauchboot komplett durchnässt. So warten wir einfach 20 Minuten ab und setzen dann über, um in Martinique an einem Rechner im Restaurant einzuklarieren. Martinique ist da doch deutlich unkomplizierter als Domenica.