Der nächste Morgen beginnt mit einem langen
Schritt direkt in das lauwarme, türkisfarbene Wasser der Bucht der Grande Anse
d’Arlet gefolgt von einem ausgiebigen Frühstück. Und nochmaligem Schwimmen und
Gammeln. Dieser lange Schritt direkt ins lauwarme Wasser wird einer der
Highlights dieser Reise. Da sich nun alle etwas an das Bordleben gewöhnen
konnten, rufe ich nun alle zur weiteren Planung des Törns zusammen. Ich habe
zwei Alternativen vorbereitet. Entweder Meilensegeln um möglichst viele Inseln
zu erreichen, oder Buchtenbummeln mit einem kleinen Ausflug nach Domenica. Es
wird sich einstimmig für die zweite Variante entschieden, was mir sehr recht
ist. Außerdem muss die Sache mit dem Motor noch geklärt werden, bevor ich
überhaupt ans Weiterfahren denke. Der Törnführer gibt mit Case Pilote ein Ziel
mit Steg, schönem Ort und einer Motorwerkstatt an. Also eine Steilvorlage für
unsere Situation. Unter Segeln machen wir uns auf den Weg. Drei Stunden später
starte ich dann den Diesel und nehme Kurs auf den Steg von Case Pilote. Die
minimale Wassertiefe für unser Boot wurde von der Charterfirma mit drei Meter
unter dem Kiel vorgegeben. Entspricht 2,20 Tiefgang plus 80 Zentimeter
Sicherheitsreserve. Doch die drei Meter sind schon weit vor dem Steg erreicht.
Überfahrt und fest am Steg
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Langsam
taste ich mich weiter doch es wird immer flacher. Ich lasse die Tiefe
aussingen, damit ich den Blick auf dem Steg behalten kann. 2,60…2,40…und genau
in diesem Augenblick merke ich, das ich wieder keinen Schub nach vorne habe. So
ein Mist. Ich laufe rückwärts ab bevor mich der Seitenwind noch in die
Hafeneinfahrt drückt. Was nun? Sehr verärgert rufen wir die Charterfirma an.
Nach wie vor herrscht hier Ratlosigkeit, uns wird aber auch geraten in Case
Pilote festzumachen um das weitere Vorgehen abzustimmen. Eine vorgeschlagene
Rückfahrt in die Basis lehne ich schlicht ab. Es würde alle Törnpläne zerstören
und der Weg in die Sackgasse von Le Marin wäre unverantwortlich ohne
Vorwärtsgang. Aber zunächst einmal muss ich an diesen Steg hier kommen. Wegen
der geringen Tiefe geht das nur vorwärts um das Ruder bei Grundberührung nicht
zu gefährden. Und mit dem Gas spielen, bzw. ein- und auskuppeln kann ich auch
nicht. Im Augenblick nicht einmal einkuppeln. Also treiben wir mit gestoppter
Maschine zehn Minuten vor uns hin. Danach Neustart und das Einkuppeln vorwärts
geht wieder. Ich fasse den Gashebel nicht mehr an und nehme Kurs auf den Steg.
Henning steht vorne mit der Vorleine. Vor dem Steg kuppele ich dann aus und wir
treiben langsam in Position. Der Tiefenmesser ist mir jetzt egal, es muss
einfach passen und wir sind sowieso sehr langsam über sandigem Grund. Eine kräftige
Böe von der Seite schiebt mich zu weit hinüber, die Korrektur mit dem Ruder ist
bei so wenig Fahrt zu gering. Also Hebel voraus…und wieder keine Wirkung. Ich
treibe nun auf den Stegkopf zu. „Langsamer!!“ tönt es von vorne. Ich stoppe auf
und will eigentlich wieder ablaufen, doch Henning steht schon sprungbereit auf
dem Bugkorb. Na gut, alles auf eine Karte. Ich lege volles Seitenruder und eile
zum Bug. Henning ist bereits drüben und zieht uns weiter an den Steg, während
ich mit Hilfe der Mädels den Bug um den Stegkopf gedrückt bekomme und schließlich
auch den Rest des Bootes. Leinen fest, Motor aus und aufatmen.
Einsamer Liegeplatz am Palmenstrand.
Fischer bei der Arbeit
Der Tiefenmesser
zeigt 2,20. Also den eigentlichen Tiefgang des Boots. Ich tauche hinab und sehe das gerade
noch ein Hummer unter den Kiel passt. Er sitzt direkt unter dem Boot und winkt
mit seinen Antennen. Haben wir ihn dort überrascht? OK, da hat die Charterbasis
wohl nochmal 20 Zentimeter Sicherheitsreserve mehr einprogrammiert. Eine Stunde
später kommt ein Mechaniker der nahegelegen Volvo Penta Werkstatt mit Zange und
Schraubendreher an Bord. Die Verständigung ist nur auf Französisch möglich. Ich
werde langsam immer besser darin. Das Fazit nach 20 Minuten Check. Er kann
nichts machen, das Boot muss an Land und das Getriebe komplett überholt werden.
Au revoir! Bedröppelt sitzen wir im Cockpit. Was nun? Wir gehen alle Optionen
durch, aber kommen aber zu keinem Entschluss. Also wieder Anruf bei der Basis.
Morgen früh um 0800h wollen sie ihren besten Techniker zu uns schicken. Aber
kann der das Getriebe vor Ort reparieren? Wir können nicht anders als darauf
hoffen und genießen den Abend an Land. Ein Gemüsemarkt lockt, ein paar
Strandrestaurants und ein Supermarkt. Schön ist es hier.
Alle sitzen draußen,
die Rentner klönen am Strand, die Fischer arbeiten an Netzen und Booten.
Zerlegen Fisch mit schweren Macheten. Ein paar Jugendliche stehen an unserem
Boot herum. So am Steg liegen wir natürlich sehr viel präsenter als vor Anker.
Ein Schritt und man ist sofort an Bord. Ich frage die anderen ob sie sich
sicher fühlen? Im Großen und Ganzen ist die Antwort: Ja. Wir werden das Boot
von innen verschließen, aber heute Nacht am Steg bleiben. Die Restaurants machen
hier, wie auch in Frankreich üblich, erst gegen 2000h auf. Also stehen wieder
schwimmen, Kaffee trinken und faulenzen auf dem Programm. Alles wäre
wunderbar…wenn nur die Sorgen um den Motor nicht wären. Doch dieses Thema
lassen wir erst einmal aus, während die Sonne malerisch hinter dem Horizont
verschwindet und wir einen tollen Abend in einem Restaurant direkt mit
Meerblick genießen.