Der Beginn jeder Charter ist wohl immer
etwa hektisch. Zusammen mit einem befreundeten Pärchen warten wir nach einer
sehr regenreichen Nacht im Hotel seit 1400h in der Charterbasis in Le
Marin auf Martinique darauf, unser Boot,
eine Sun Odyssey 409, zu übernehmen. Unsere Sachen können wir im Office lagern, werden aber dringend gebeten noch nicht auf dem Steg
nach dem Boot zu suchen. Was uns dort wohl erwarten würde, fragen wir uns, während
wir im Café der Marina erst einmal zu Mittag essen. Besonders der französische Café
au lait hat es uns sehr angetan. Martinique gehört zu Frankreich und damit zur EU. Zur Einreise ist daher
nur der Personalausweis erforderlich, aber, wie überall in Frankreich, wird
ungern englisch gesprochen. Ich bin dann selbst überrascht, wie viel
Französisch noch aus meiner Schulzeit und diversen Urlauben hängengeblieben
ist. So bin ich also nicht nur Skipper, sondern auch
Sprachrohr für die Wünsche der Crew.
Charterbasis, Crew und Boot
Nachdem wir um 1800h dann endlich das Boot
übernehmen können, gilt es noch die lange Inventarliste abzuarbeiten. Da alles auf Französisch
geschrieben ist, zieht es sich bis zum schnellen Einbruch der Dunkelheit um
1900h hin. Auch ist es mir sehr wichtig das ganze Boot auch wirklich kennenzulernen.
Ich habe Fragen zu Geräten, Displays, dem Motor, Gas-Wasserinstallationen, dem
Rigg, der Ankerwinde und vielem mehr. Und das alles in stehender, brutal warmer
und schweißtreibender Luft. Einige Fragen bzgl. der Technik bleiben zwar
zunächst ungelöst, aber im Groben ist mir das Boot nun vertraut genug. Ich habe
die Crew einkaufen geschickt, damit ich mich in Ruhe mit der Technik vertraut
machen kann. In der Nacht heißt es dann alle Luken dicht zu machen wegen des
Regens und des schweren Gewitters. Aber solange man ruhig daliegt, ist die
karibische Wärme zu ertragen. Sie ist zwar allgegenwärtig, aber nie wirklich
unangenehm. Nur fange ich nun an mir etwas Sorgen um unser Törnwetter während
der Regenzeit in der Karibik zu machen.
Farbenfrohe Krabben leben überall in Erdlöchern
Früh am nächsten Morgen, wache ich aber
doch überraschend erfrischt auf. Voll Vorfreude auf meinen ersten Törn in
diesem so geschichtsträchtigen Meer. Doch davor gilt es noch weitere Einkäufe
zu tätigen und die endgültige Bootsübernahme mit weiteren Details zur Technik
und der Zollbesuch stehen auch noch aus. Es zieht sich. Der Wind frischt
zwischenzeitlich immer mehr auf, und das erste Ablegemanöver in der Engen
Mooringgasse wird damit auch gleich interessant. Und soll für die Crew ja auch
noch ganz relaxt wirken um Vertrauenspunkte zu sammeln. Und es klappt auch
alles so wie gedacht. In die Achterleine eingedampft bekomme ich das Boot in
eine gute Ausgangsposition um dann durch die Gasse zu dampfen. Immer langsam,
doch am Ende vertreibt das Boot dann doch und beim Gasgeben passiert irgendwie
nichts viel. Merkwürdig, ist das der böige Seitenwind oder was ist hier los? Es
fühlte sich so an, als hätte ich keinen Vortrieb während die gespannten
Mooringleinen immer näherkommen. Gerade komme ich so um die Ecke ins
Fahrwasser. Vor dem Wind dann, auf dem Weg aus der Sackgasse von Le Marin,
passt dann wieder alles. Merkwürdig. Ich gebe dem Diesel auch schon etwas
Support durch die Genua. Eigentlich will ich auch das Groß noch setzen, aber
der Wind ist doch sehr stark und der Speed reicht mir zunächst. Da muss ich
nicht lange rumdaddeln und kann das Boot entspannt einfach laufenlassen. Meine
Crew hat etwas Erfahrung mit Fendern und Vorleinen. Mehr nicht. Und so geht es
vorbei am Club Med auf die Passage die Südküste von Martinique entlang und
immer dichter an den so charakteristischen Diamond Rock.
Die Mädels auf dem Weg zum Diamond Rock.
Genau zwischen diesem
Felsen und der Küste möchte ich durch. Immer noch mir raumen Wind hat die Welle
kräftig zugelegt und leichte Seekrankheit macht sich an Bord bemerkbar. Aber
die Abdeckung der Westküste ist schon in Sicht. Wird schon noch passen. Es
folgt die Passage zwischen dem Rock und der Küste. Der große Junge in mir
jubelt vor Glück. Was für ein Traumsegeln in dieser Kulisse. Piraten, Spanier,
Engländer, Lord Nelson, Kolumbus...wer war hier schon alles unterwegs!
Ein tolles Gefühl
Überall trifft man auf Piraten
Langsam
ebbt der Schwell der offenen See ab, der Wind dreht mit der Küste mit und wir
erreichen die ersten möglichen Ankerbuchten. La Petite Anse gefällt mir nicht,
durch das Fernglas sehe ich jede Menge Kabbelwasser und Fallböen, also geht es
noch eine Bucht weiter in die Grande Anse d‘Arlet. Und ich muss grinsen, denn
ich, der immer gerne jeden Meter aussegelt, laufe ganz Charterer die letzte
Stunde unter Diesel um die Akkus noch einmal vollzusaugen. Denn Marinas sind hier
rar, und der Strom muss selbst erzeugt werden. Aber auch hier ist es schwer
einen schönen Platz zu finden. Immer wieder donnern Fallböen die Berge herunter
und die wenigen sandigen Fleckchen sind besetzt oder sehr klein. Erster Versuch
des Ankerns. Knapp neben dem Fleck fällt der Anker ins Gras. 60 Meter Kette
hinterher und Einfahren. So richtig erfolgreich fühlt es sich nicht an. Das
Abtauchen zeigt dann auch einen rutschenden Anker. Mist. Wieder noch einmal.
Enttäuschung an Bord, war doch schon Badelaune angesagt.
Unsere erste Ankerbucht
Und jetzt passiert es
wieder! Hatte ich mich doch nicht getäuscht. Nach dem Einkuppeln kann man zwar
Gas geben, aber der Propeller dreht offensichtlich nicht mit. Na super. Teils
funktioniert es nach kurzer Rückwärtsfahrt, teils nicht. Etwas schwierig so den
Anker aus dem Grund zu bekommen ohne die Winsch zu überlasten. Und auch die
Nachbarlieger kommen näher. Doch der Wind treibt uns aus der Bucht heraus, also
ist zunächst keine Hektik angesagt. Mehrere Einkuppelversuche später krabbele
ich durch Inspektionsluken zum Gaszug...alles sieht nagelneu und frisch aus.
Wir rufen die Charterbasis an. Allgemeine Ratlosigkeit, wenn auch gepaart mit
Hilfsbereitschaft. Auch die Schaltwippe am Motor tut wie sie soll. Komisch.
Aber das Rückwärtsfahren geht gut. Also gehe ich das nächste Manöver direkt
rückwärts an. Langsam über den Sandfleck, auskuppeln und raus mit dem Anker.
Der fällt...leider wieder ganz knapp neben den Sandfleck. Wieder gebe ich alle
Kette raus, das neue Plätzchen ist etwas windstiller und erneutes Abtauchen
gibt auch Entwarnung. Das Eisen leibt drin. Weiter geht es mit Telefonaten mit
der Basis. Hier werden Bedienfehler vermutet. Zu schnelles Schalten von
Vorwärts nach Rückwärts könnte die Ursache sein. Aber ich bin kein Anfänger und
bin auch nicht so gefahren. Nach langem Hin- und Her dreht der Propeller zwar
nun wieder vorwärts, aber ich habe so meine Bedenken ob das dauerhaft gut gehen
wird.
Landgang
Die Jungs beim Schlemmen
Für heute liegen wir aber erst einmal sicher und genießen den ersten
Abend vor Anker in einer echten Karibikbucht. Langsam wird uns bewusst, dass
wir unterwegs sind und die nächsten neun Tage auf und im Wasser verbringen
werden. Mit dem Dinghi geht es dann ans Dinghi Dock zum ersten Landgang.
Palmen, relaxte Atmosphäre und Karibikflair erwarten uns hier. Da wir vor der
Abfahrt frisch eingekauft haben, wird an Bord gegessen, während die Sonne früh
um 1900h im Meer versinkt. Und auch wir klettern nach dem aufregenden ersten Tag relativ früh in unsere Kojen.
Friedlich schwojt ein Nachbarlieger