Letzten Sonntag bin ich aus der Flensburger Förde Richtung
Hohwachter Bucht aufgebrochen um dort für meinen Film zu drehen. Der Sturm, der
bis vor kurzem noch vor der Hafenausfahrt lag, hatte sich gelegt und es ging mit
raumen Winden angenehm aber recht langsam Richtung Kiel. Ich sollte mir doch
wirklich mal ein Leichtwindsegel gönnen! Auf dem Weg traf ich dann noch diesen
sehr sportlichen Angler weit draussen auf dem Wasser vorm Kieler Leuchtturm.
Exakt 12 Stunden später habe ich dann im Dunkeln in Schilksee festgemacht und
bin direkt in die Koje gefallen. Mein Kameramann Tom kam dann gegen Mittag mit
dem Bus und ich hatte mein Boot schon vorzeigbar gemac ht. Wir kreuzten dann
direkt gegen den Wind und durch die zahlreichen Sperrgebiete in die Hohwachter
Bucht zum Rendevous mit Michel und seiner „Bluebird“.
Vorm
schleswig-holsteinischen Kalifornien trafen wir uns dann und versuchten Tom bei
gut einem Meter Welle überzusetzen. Gar nicht so leicht, aber beim dritten
Anlauf hat es dann geklappt. Nun fuhr ich jede Menge Manöver vor „Bluebird“.
Wenden, Halsen, Butterfly. Mal weiter weg, mal gefährlich dicht vor dem Bug.
Fast hätten wir auch noch eine Patenthalse mit Baum gegen den Kopf gefilmt,
aber mittlerweile kenne ich das Geräusch kurz vorm Überkommen des Baumes so gut,
das ich noch instinktiv den Baum mit der Hand bremsen konnte. Auch ein Vorteil
eines etwas kleineren Bootes! Nachdem alle Bilder im Kasten waren kam Tom zurück auf „La
Mer“ und wir drehten noch einige Szenen im wunderbaren Abendlicht. Wiederum im
Dunkeln ging es dann in den überfüllten Hafen von Laboe. Tom ging zum Taxi, ich nach einem
Fischbrötchen in der Fischküche in die Koje.
Michel wollte am nächsten Tag mit seiner Frau nach Marstal
segeln und ich entschloss mich ebenfalls den Schlenker durch die Südsee in
meinen Heimweg nach Minde einzubauen. Also ab über den Teich in Richtung
Horizont. An das Küstensegeln mit ständiger Landsicht hatte ich mich nach
Erwerb meines Segelscheines schnell gewöhnt, aber es kostete mich damals in der
Tat einige Überwindung irgendwann in Richtung des leeren Horizontes
aufzubrechen und mehrere Stunden nur einem Kurs zu folgen, der mich an den
richtigen Ort bringen soll.
Mittlerweile geniesse ich diese Art des Segelns
hinter den Horizont jedoch sehr. Wenn es gut läuft behält man stundenlang nur eine Segelstellung
bei, der Autopilot übernimmt das Ruder und es sind so gut wie keine anderen
Schiffe unterwegs. Tiefenentspannung. Sitzen, sich vom Meer wiegen und die
Seele baumeln lassen. Ab und zu ein Rundumblick und jede Stunde die Position in
die Karte eintragen. Kreuzchen für Kreuzchen nähert man sich so seinem Ziel.
Der Wind passte fast bis zum Ende, dann musste ich den Diesel starten. Michel
war nur kurz vor mir an der Ansteuerungstonne und nach Passieren der betonnten
Fahrrinne (mit roten und grünen Bürsten zum Schrubben des Rumpfes links und rechts :-)) konnte ich mich in Marstal dann an seine Bordwand legen. Motor aus,
Ruhe, Hafenkino gucken, einkaufen, kochen...Urlaub!
Morgens waren wir dann noch beim Bäcker frühstücken und sehr
langsam brach ich dann auf. Die beiden legten Kurs auf Svendborg, ich musste
jedoch nun Richtung West mit Windstärke 1 aus der falschen Richtung. Lediglich in
der, sich wie eine Autobahn langsziehende, Fahrrinne hinter Marstal war Segeln
mit ca. 1,5kn möglich. Und so trieben hier Schiff hinter Schiff langsam in
einer Reihe in der strahlenden Sonne hintereinander her. Sommerstimmung pur.
Irgendwann erreiche ich Birkholm, eine Insel mit nur 10
Bewohnern und winzigem Hafen. Die musste ich mir angucken und fahre durch die sehr
schmale Betonnung mit nur sehr wenig Wasser unterm Kiel. Die Strömung vertreibt
mich dabei recht schnell, also Konzentration. Ich finde sogar einen freien
Liegeplatz und gehe erst auf Fototour und dann schwimmen. Herrlich klares,
kühles Wasser. Ich mag gar nicht mehr aufhören. Es ist so schön hier in der Südsee. Dann
mache ich mir mein Mittagessen und finde einen Platz auf einer Bank mit Blick
auf das Wasser und die vorbeiziehenden Boote. Am liebsten würde ich hier für
den Rest des Tages bleiben, aber ich muss noch etwas Strecke machen.
Also
weiter westwärts bis zur Küste von Avernakö. Hier steht am Ostkap ein Haus des
bekannten dänischen Reeders Maersk Möller samt eigenem Hafen. Den man natürlich
nicht anlaufen darf. Aber man soll hier gut ankern können, also tue ich das.
Und geniesse den Abend und später die Nacht zunächst ruhig treibend.
Ich stelle mir jedoch den
Wecker auf 0100h, da der Wind dann etwas drehen soll, werde allerdings schon
kurz vorher geweckt. Das Boot bockt und schaukelt und der Wind pfeift in den
Wanten. Das geht mir eigentlich bei jedem Ankern so, Rasmus und ich sind da
irgendwie ständig uneinig. Ich schaue gar nicht erst hinaus, sondern ziehe mich gleich
verschlafen für einen Nachttörn an und starte den Diesel. Draußen ist es so,
wie es sich drinnen anfühlt. Die Ankerleine stramm und ruckelige, hohe Wellen. Es macht keinen Sinn hierzubleiben, der Hafen von
Söby ist nicht weit und soll im Dunkeln gut ansteuerbar sein. Also Frühsport und Ankerleine samt 25 Metern
Kette per Hand einholen. Dann nur unter Genua Kurs Söby. Was hier auf dem Bild schon recht uneindeutig aussehen mag, stellt sich im Dunkeln aber noch einmal ganz anders da.
Zwei sehr helle Scheinwerfer des Fähranlegers weisen zwar zunächst den Weg,
verdecken aber später jede Sicht. Die Einfahrt ist sehr schwer zu finden, es
geht eine recht hohe Welle, ich verlasse mich nur auf meinen Plotter und das
Echolot und erst wenige Meter vor der Einfahrt sehe ich deren schwarzglänzenden
Mauern und schlüpfe in die Sicherheit. Es ist nun 0300h. Ein Platz ist schnell
gefunden und, ich bin echt überrascht von einem Mann barfuss im Pyjama erwartet
zu werden, der meine Leinen annimmt. Das ist doch mal echt nett. Die Nacht ist
kurz, denn erbarmungslos klopft der weissbärtige Hafenmeister um 0800h ans Boot
um zu kassieren. Und liefert dazu noch einen gesprochenen Wetterbericht. Ich
muss los bevor der Wind noch mehr gegenan kommt und nach nur einem Kreuzschlag
runde ich die Nordwestspitze von Aerö, und gehe vor den Wind Kurs Flensburger
Förde.
Erst plane ich Sönderborg, aber das hieße dann wieder gegenan zu kreuzen,
also entscheide ich mich für Langballigau. Da war ich noch nie, denn der Name
klingt irgendwie langweilig und grau.
Aber ich finde das genaue Gegenteil vor,
nämlich einen der schönsten Häfen an deutschen Ostseeküste. Eng verwinkelt...irgendwo zwischen dänisch und mediterran. Mit Fischbuden und
Restaurants. Großartig. Da kein Platz mehr frei ist, lege ich mich einfach mittendrin an zwei Pfähle.
Passt.
Hier lasse ich nun den Törn in Ruhe ausklingen und geniesse die
Hafenatmosphäre in vollen Zügen. Frühstücken kann man auf einer Dachterasse mit
Blick auf Hafen und Förde. Bis zu meinem Heimathafen Minde sind es nur gute 3
Meilen, dann schliesst sich der Kreis. Sehr, sehr viele Boote sind unterwegs und es begegnet mir wieder einmal eines der wunderbar gepflegten Folkeboote vom Vercharterer Klassisch am Wind!
Wieder einmal kommt es mir vor wie ein
14 Tage Törn, dabei waren es doch nur 4 Nächte. Die Zeit auf dem Wasser folgt
ihren eigenen Gesetzen, oder: „Wer mehr segelt, lebt
länger!"
(zumindestens gefühlt).