Die Urlaubssaison geht zu Ende, die Häfen sind wieder leer und es ist eine kurze Schönwetterperiode angesagt. Eventuell die letzte Chance auf etwas Sommer in diesem Jahr. Also packe ich meine Sachen und fahre die stets endlos wirkende Autobahnstrecke an die Flensburger Förde. Unterwegs schnell einkaufen, die Sachen aufs Boot verstauen, umziehen, Diesel starten und....der immer wieder einzigartige Moment des Lösens der Leinen. Die Uhr tickt sofort spürbar langsamer, sobald ich aus der Box gleite. Hinter der Hafenausfahrt gehen sofort die Segel hoch (der Wind kommt von achtern) und dann dieser nächste, immer wieder herzerwärmende, Moment: Motor aus. Nur unter Segeln gleitet La Mer sofort mit 5 Knoten Richtung offene Ostsee. Über Funk erzählt jemand von dem tollen Segelwind von Gelting aus in Richtung Marstal. Damit steht mein Ziel fest. Marstal. Das Tor zur dänischen Südsee. Hier bin ich immer wieder gerne und mit Erreichen von Marstal befinde ich mich bei dem vorhergesagten Ostwind auch schon wieder auf einem sehr langsamen Heimweg. Perfekt.
Die Förde bleibt zurück
Südspitze Aerö
Bei Sonnenuntergang mache ich in Marstal fest. Im September wird es ja schon wieder früher dunkel, das hatte ich beinahe vergessen. Kein Alois. Erstmal melde ich ich über EMail bei meiner Frau mit der Bitte ihn zu kontaktieren. Ohne Erfolg. Nur Mailbox. Wenn er man bloß nicht noch im Dunkeln draussen rumschippert. Aber ich habe andere Sorgen, mir ist kotzübel. Wohl von der eingeschweissten Forelle, die nun etwas länger ungekühlt herumlag. Trotzig laufe ich noch durch Marstal um es zu ignorieren, aber dann ist Schluss und der Fisch findet seinen Weg nach draussen. Und danach geht es direkt mit Bauchschmerzen ab ins Bett. Morgens geht es etwas besser und ich bringe den Müll von Bord. An der Müllstation treffe ich wen? Alois, und seine abenteuerliche Geschichte.
Doch erst einmal sei vorweg erzählt: Alois segelt gerade seit 2 Wochen und hat sich vor ein paar Tagen mit meiner Unterstützung eine Bandholm 24 gekauft. Und beim Überführungstörn wurde er seekrank. Und der Aussenborder ist unzuverlässig. Die Elektrik habe ich ihm bereits soweit gerichtet. Ich dachte er ist auf der Schlei gut aufgehoben für den Anfang, aber Alois träumt von der großen weiten Welt. Also hat er sich kurz erklären lassen, wie er das erste Reff einbindet und ist dann um 1800h auf die Schlei, Kurs Ost. 15 Minuten später wundert er sich bereits warum trotz beider gehissten Segel das Boot keine Fahrt macht. Und das doch nur ein paar Meter neben dem Tonnenstrich. Am Ende kam er mit dem Aussenborder wieder frei und düste mit ordentlich Wind von der Seite Richtung Marstal.
Da lachen die Möven
Gute 2 Stunden später wurde es dunkel und das Tablet mit der Navigation leer. Die Seekarte gibt nur her, das die Einfahrt nach Marstal im Dunklen nicht zu empfehlen ist. Also bleibt er vor der Einfahrt und wirft den Anker um Mitternacht. Er hat kaum Wind, aber viel Welle, doch der Anker hält. Mit dem ersten Tageslicht ist er dann in den Hafen. Für den ersten Törn einhand ist das eine Menge auf einmal. Respekt. Aber natürlich auch der erhobene Zeigefinger am nächsten morgen für diesen unglaublichen Leichtsinn. Denn: auch das Handy funktionierte nicht, Funk gibt es (noch) nicht an Bord. Nicht gerade ein Vorbild an Seemannschaft, wohl aber an Wagemut und Biss.
Dänemark Spezial
Ich hoffe, das ich das als Mentor noch kanalisiert bekomme...ich repariere ihm dann noch die Ladebuchse für das Tablet und erkläre ihm sein Garmin Hand GPS, dann breche ich auf Richtung Strynö. Eigentlich nur 5 kurze faule Meilen, wie ich mir denke. Doch Rasmus hat andere Pläne.
Wind kommt auf
Kurz habe ich in der Windstille von Marstal überlegt, ob ich mein Boot wirklich seeklar machen muss und alles wegräumen soll, wie es meine Bordgesetze befehlen. Dankbar bin ich nun dafür es getan zu haben, denn es hätte einigen Bruch gegeben. Und der Verlust des Handys schmerzt noch. Es gibt übrigens ein neues Bordgesetz bzgl. des Handys. Nur sitzend im Cockpit, und niemals lose in der Tasche. Jedenfalls wird es eine anstrengende Kreuzerei bis zur Hafeneinfahrt und noch darüber hinaus, denn ich laufe gerne bei viel Wind und Welle vor diesen fahrend ein, denn dann kann ich in aller Ruhe Fender und Leinen vorbereiten. Und unvorbereitet geht es in keinen Hafen. Bordgesetz. Alle Leinen wurfbereit über der Reling. Die vorderen Fender draussen. Die behindern nicht in der Box und hier ist immer der Erstkontakt zu Nachbarliegern. Die anderen Fender soweit klariert, das sie nur noch einen Tritt benötigen. Bootshaken griffbereit und das Cockpit aufgeräumt. Ich finde einen wunderbar geschützten Platz längsseits und warte nun wieder auf Alois.
Hafenidylee auf Strynö
Viel passieren kann ihm auf dem kurzen Stück nicht, und jetzt lernt er eben Reffen und Kreuzen auf die harte Tour. Denn eines ist mal sicher: was man so gelernt hat, vergisst man nie wieder. Geht mir ja ebenfalls so. Man kann sich nicht alles in Ruhe erlesen, manchmal muss es wohl auch weh tun. Und es gibt einem eine gewisse Gelassenheit für das nächste Mal. Und eben kommt mir Alois überraschend entgegen...mit neuen Geschichten im Gepäck. Die erzähle ich dann morgen...denn jetzt geht es in den Dorfkrug :-)
Wäschedampfer Alois