Hinaus in die Nacht. Weiter kann ich nicht sehen.
Eigentlich dachte ich mein Bericht über meinen einwöchigen Törn durch die dänische Südsee wäre beendet. Das letzte Stück von der Dyvig über Sönderborg bis in die Marina Minde würde sicher nichts besonderes hergeben. Doch es kam etwas anders. Bereits gegen Mittag lief ich in Sönderborg ein, nachdem ich mich mit einem netten Hamburg Motorbootpärchen verquatscht hatte. Ja, auch so etwas kann mir mal passieren. Der Törn war sehr böig, und so beschloss ich erst einmal im Stadthafen von Sönderborg zu bleiben. Es lief eine recht starke Welle hinein, die schon auf die Verhältnisse draussen auf der Förde hinwies. Gegen 2000h kamen immer mehr Boote in den Hafen und mir wurde gleichermaßen langweilig wie übermütig. Ich beschloss daher die noch 13 Meilen bis Minde zu segeln. Macht natürlich auch immer etwas her, wenn man Diesel und Bordbeleuchtung einschaltet und alleine in die Dämmerung an allen Booten vorbei entschwindet. Doch das Hochgefühl hielt genau bis zur roten Tonne in der Ausfahrt aus dem Hafen. Die Welle dort signalisierte schon was auf mich warten würde. Und kaum hatte ich dann alle Abdeckungen verlassen wurde es stockfinster, starkwindig und es ging eine extrem hohe, teils schon brechende Welle. Zweites Reff im Groß und nur noch etwas Fock reichen schon für 30° Krängung und fast 6 Knoten Speed. Für mein Boot schon viel. Mir wurde mulmig, denn ich sah in der Dunkelheit nicht was da draussen auf mich wartet. Andererseits war Zurückkehren jetzt auch keine Option mehr.
Die Wellen wurden immer höher und ich beschloss mich zunächst einmal von der Küste gut fernzuhalten. Ja, nun musste ich da durch und brachte alles ins magische Gleichgewicht des Segelns. Nur mir mir selbst wollte das nicht gelingen. Ein Schreckensszenario nach dem anderen ging mir durch den Kopf. Legerwall, Mastbruch usw. Was war denn bloß los? Was aber eigentlich immer hilft ist Singen, und so legte ich einfach los. Sofort frischte der Wind noch weiter auf, es klang wohl nicht so toll, aber nun war es mir auch irgendwie egal. Interessant wie einfach man mit Singen die Angst besiegen kann. Das ist mir schon einmal irgendwo aufgefallen....Jetzt war ich in so einer "Egal, wird schon werden Haltung". Zumindestens solange bis mich ein gewaltiger Brecher auf die Seite warf. Gewaltig ist natürlich relativ, wenn man sich manche Videos über den Atlantik ansieht, aber mir kam es alleine im Dunkeln gewaltig vor. Kaum kam das Boot wieder hoch, rauschte auch schon der nächste Brecher herein. Was war denn hier los...war das schon Brandung? Und da ging mir auf, das ich ja Kurs über ein Flach nehme. Die sogenannte "Helts Banke". Scheinbar fühlen die vom Wind der letzten Tage gewachsenen Wellen hier schon den 5 bis 6 Meter tiefen Grund und beginnen sich zu brechen. Also ging ich erst einmal so hoch am Wind und spitz zu den Wellen wie möglich. Bloß runter vom Flach. Nach ein paar Minuten war der Schreck dann auch überstanden. Aber mir ist dabei auch das Singen wieder vergangen. Ich denke mit großem Respekt an die Einhandsegler die sich wochenlang mit dem Wind des Südatlantiks anlegen. Und dabei an Bord übernachten, wissend das es keinen Hafen in der Nähe gibt. Und das tage- und wochenlang. Hut ab. Ich jedenfalls kann nach 30 Minuten dann endlich immer mehr vor den Wind gehen und in die Förde hineinfahren. Das Groß zerre ich noch hinunter und habe dann nur unter Mini Fock und immer noch 6 Knoten Fahrt endlich Ruhe das Adrenalin loszuwerden.
Nur unter diesem Handtuch geht es mit 6 Knoten vor dem Wind
In Minde ist ein Hafenfest in Gange und keiner registriert den einsamen Segler der sich mühsam mit einem Handscheinwerfer seinen Weg in den Hafen sucht. Fest! Jetzt nur noch unter die Dusche und ins Bett. Was war das für ein Abschlussritt einer wunderbaren Woche in Dänemark. Und wieder fühlen sich die paar Tage an wie 2 Wochen. Es ist schon fast Magie was das Segeln mit der Zeitwahrnehmung machen kann.