Mein letzter Kurztörn brachte mich zu den Ochseninseln in der Flensburger Förde. Sie standen schon länger auf meiner Liste der zu besuchenden Ziele. Laut Törnführer gehört der einzige Steg zur Werft und ist privat. Ich wollte daher einfach nur zwischen der kleinen und der großen Insel für eine Stunde ankern, bevor es weiter nach Flensburg gehen sollte. Aber es kam anders:
Kaum berührte der Anker den Grund rief jemand von der Werft lautstark hinüber. Ich konnte kein Wort verstehen, aber Lautstärke und Gestik deuteten darauf hin, das meine Ankeridee wohl nicht so willkommen war. Ausserdem deutete der Rufende auf den Steg der Werft. Ich nahm das als Einladung und freute mich darauf, die Insel dann wohl auch betreten zu können. Der Steg war glitschig und ziemlich heruntergekommen, aber ich konnte dort gut längsseits festmachen. Kein Boot weit und breit. Der Segen der Nachsaison. In was für eine Idylle war ich gekommen. Alleine an einem einsamen Holzsteg. Das erinnerte mich an ein paar Stationen auf den Aland Inseln im letzten Jahr. Ich hatte ja schon fast vergessen, wie es sich anfühlt einfach mal irgendwo im Nirgendwo an einem Steg festzumachen. Die deutsche und dänische Ostsee bietet ja nur Marinas oder kleine Häfen, und natürlich Ankerbuchten, aber so ein privater Steg ist schon toll. Die Fotos geben das sehr gut wieder, denke ich.
Das Boot war fest, nun wollte ich auf die Insel. Ich war mir nicht ganz sicher, ob das etwas unhöflich ist wegen des Privatbesitzes. Egal, erstmal langsam vorpirschen. Ein Schild heisst einen Willkommen und bittet um Respekt des Privatbesitzes, man könne sich aber gerne umsehen. Na also. Schon kommt auch eine Frau im Rotmann (analog zum Blaumann) samt Hund auf mich zu und begrüßt mich mit einem Schwall von Worten. Ein offenes Ohr scheint hier in der Einsamkeit also sehr willkommen. So erfahre ich von der genauen Ansteuerung und vor allem dem Unterwasserkabel. Daher also kein Ankern erlaubt. Macht natürlich Sinn. Dann geht es um Einhandsegeln, lohnende Ziele in der Ostsee und so weiter. Eine gefühlte Ewigkeit später darf ich dann meinen Weg fortsetzen. Aber gerate sofort in die Fänge des nächsten Insulaners. Der der mich so lautstark am Ankern gehindert hat. Blaumann, Handverband, verwettertes Gesicht und ein Hauch von Alkohol. Das Original eines Inselbewohners und Bootsbauers denke ich mir. Hier sind meine Ohren noch willkommener und ich merke schon, das es mit einem einsamen Inselrundgang wohl nichts werden wird. Aber nett sind sie hier. Und sehr gastfreundlich. Ich erfahre von ein paar Leuten, die sich vor ein Jahren zusammengetan haben um ihren Traum vom Inselleben zu erfüllen. Bootswerft, Gastronomie und Live Musik. Mein Werftarbeiter entpuppt sich als Gitarrist, interessant. Das sehr schöne Restaurant ist voller Instrumente und Plakate vergangener Konzerte.
Abgelegener könnte eine Konzertlocation kaum liegen. Es gefällt mir hier immer besser. Allerdings scheint sich das beengte Inselleben negativ auf die Freundschaften ausgewirkt zu haben, klagt mir der musizierende Blaumann vorsichtig sein Leid. Aber ich schlucke den Köder nicht. Das wäre mir jetzt wirklich zu viel Information auf dieser doch so einladend wirkenden Insel. Ich mache ein paar Fotos und bewundere dieses abgelegene Idyll mitten in der Flensburger Förde. Es soll am 6.10. noch ein Saisonabschlusskonzert mit 3 irischen Musikerinnen geben. Allerdings würde die Fähre nicht mehr fahren und so ist eine Anreise nur auf eigenem Kiel möglich. Angesichts der kleinen und teilweise desolaten Stege wird das dann dort wohl nicht wirklich voll werden. Ich nehme mir jedenfalls vor zu kommen. Falls es meine Zeit erlaubt. Der Blaumann schwelgt mittlerweile in musikalischen Erinnerungen an Ton, Steine und Scherben. Und wer jetzt von denen genau was macht und wie die Rechte verteilt sind. Meine Ohren machen dicht. Zeit zu gehen. Auf dem Rückweg zum Boot geniesse ich noch die Stille und magische Atmosphäre dieser Inseln. Toll. Aber es wird dunkel und beginnt zu regnen. Ich will weiter.
Später erfahre ich dann von den Streitereien der Bewohner, die es bis in die Presse geschafft haben. Von entführten Booten und körperlicher Gewalt ist hier die Rede. Und das von den einstigen Freunden wohl nur einer überblieb. Mein Blaumann. Schade, aber irgendwie auch vorhersehbar. Ich glaube es gibt kaum ein Modell von mehreren Freunden mit einer Geschäfts- bzw. Lebensidee, die nicht irgendwann zerbrochen ist. Häufig am Geld. Ob Zuwenig oder Zuviel...es führt wohl stets zum Streit. Aufgrund der Situation hat sich die dänische Regierung nun offenbar entschieden den Pachtvertrag vorzeitig zu beenden. Schade, aber verständlich. So sympathisch ich das etwas marode Erscheinungsbild auch fand, wird so sicher nicht viel zu verdienen sein und irgendwann droht dann der Verfall. Es wäre schade. Denn mir hat es hier richtig gut gefallen. Über facebook komme ich mit einem Bekannten ins Grübeln. Was hier alles machbar wäre. Mir hat es die Eventlocation angetan, er träumt von einer Werftidee. Und Gastonomie würde hier sicher auch funktionieren mitten in der vielbefahrenen Förde. In Schleimünde habe ich schon einmal viel Potential gesehen, die dortige Giftbude läuft doch extrem unter ihren Möglichkeiten. Gastronomie und Betreiber dort sind ein Witz. Aber hier in der Flensburger Förde. Das wäre doch DAS Ausflugsziel.
Aber möchte ich mir wirklich eine Gastronomie ans Bein binden, auf einer stets pflegebedürftigen Insel. Mit drohendem Inselkoller und Freundesverlust. Ich denke eher nicht. Aber der Traum gefällt mir trotzdem irgendwie...