Ich bin absolut kein Frühaufsteher. Alles vor 0930h ist für mich noch tiefste Nacht. Umso
erstaunlicher ist es dann jedes Mal für mich, wenn ich mir einen Wecker stellen
muss um aus Wetter- oder Distanzgründen früh loszusegeln. Sagen wir 0630h, also absolut mitten in der Nacht, quasi
kurz nach dem Einschlafen. Vollkommen benebelt quäle ich mich dann aus dem Vorschiff
und gehe zur Morgentoilette. In der Hoffnung dabei irgendwann lebensfähig zu
werden. Es ist draussen dann ja meist auch noch dunkel und saukalt. Die Kapuze
tief über den Kopf gezogen betrete ich das scheinbar verwaiste Sanitärgebäude
und weiche sofort entsetzt zurück. Hektische Betriebssamkeit, Dampfschwaden und am
Allersschlimmsten: Gelächter und Gelaber im Licht der Neonröhren. So als hätte ich
die Tür zu einer Parallelwelt der guten Laune am frühen Morgen geöffnet. So als
landet man nachts kurz vorm Einschlafen beim Durchzappen des Fernsehers auf
einer Werbung der AMIGOS oder einer BEST OF SCHLAGER CD. Samt aufgedrehtem Moderator. Kurz gesagt:
unerträglich.
Mittlerweile kenne ich das aber nun schon und betrete die
Sanitärgebäude mit Sonnenbrille und Oropax und erledige eilig nur das, wozu mich die
Natur zwingt. Duschen und Rasieren verschiebe ich dann auf nachts um 0100h. Nach der Ankunft. Da
hat man dann nämlich wunderbar seine Ruhe. Gut Menschen sind verschieden...aber
so verschieden? Wer kann denn bitte um 0630h lachen? Höchstens kurz knorrig
husten...
Na gut, komme ich mal langsam zum Thema. Ich fühle mich als
Morgensspätaufsteher und Abendslangesegler diskriminiert. Nicht in Dänemark.
Dort wartet rund um die Uhr ein freundlich leuchtender Automat auf mich, um mich
mit Sanitärcodes, WLAN-Codes und Liegeplatzticket zu versorgen. Wenn ich um
0100h nachts irgendwo einlaufe, liebe ich diese kleinen blinkenden Kerlchen.
Sie sprechen alle Sprachen, sagen nur das Nötigste und nehmen auch EC- und
Kreditkarten. Und warm geduscht und sauber krieche ich dann in meine Koje. Ganz
anders jedoch im eigenen Land. Komme ich irgendwo nach 1800h oder maximal 2000h
an, stehe ich vor verschlossener Tür. Ungeduscht und dreckig vom langen
Segeltag muss ich mir einen Tee zum Aufwärmen machen und dann frierend unter
die Decken kriechen. Und irgendwann um 0730h klopft dann auch noch ein zum
Schwätzchen aufgelegter Hafenmeister an mein Boot. Fragt nach dem Woher und Wohin während ich nur
benommen nach dem Portemonnaie suche. Und natürlich muss ich immer den vollen
Preis zahlen, obwohl ich den Service ja nur teilweise nutzen kann. Wegen dieses
beknackten Sanitärcodes um den alle so ein Geheimnis machen. Meist kann man ja
noch andere Crews um den im wahrsten Sinne des Wortes „Scheiss“-Code bitten. Häufig bekommt man dann auch eine Antwort, aber immer mit gesenkter
Flüsterstimme. So als wäre es die PIN der eigenen EC Karte. Verrückt. Man müsste ihn mit Edding auf ein Schild schreiben und am Gebäude befestigen. Für die armen Nachzügler.
Also führe ich Buch
und notiere mir alle Codes derer ich habhaft werden kann. Aber natürlich werden
diese auch noch regelmässig geändert. WARUM? Damit man gezwungen wird vor 1800h
einzulaufen? Wie gesagt ich fühle mich schwerstens diskriminiert ;-) Wenn es wenigstens
einen SMS Service oder Anrufbeantworter gäbe um diese Codes zu erhalten. Ich
gönne jedem Hafenmeister von Herzen seinen Job, aber zur Zeit mag ich persönlich jeden Automaten lieber. Denn der lässt mich ausschlafen, nennt mir jederzeit die Codes
und quatscht mich nicht frühmorgens voll. Meinetwegen auch gerne in Ergänzung eines
Hafenmeisters ausserhalb dessen Dienstzeiten. Denn wenn ich ganz ehrlich bin, mag ich den Plausch mit dem einen oder anderen dieser Kollegen ab und zu doch sehr gerne.