Donnerstag, 18. Mai 2017

Durch den Regen in die dänische Südsee - Törnbericht




Durch manche Segeltage muss man sich durchbeißen. Und das Ziel dabei nicht aus den Augen verlieren. Mein Ziel ist es ein paar Tage die Vorsaison in der dänischen Südsee zu genießen. Der Weg dahin führt durch 40 Seemeilen Dauerregen, Wind von 5-6 Bft. samt der dazugehörigen Ostseedünung. Die Hälfte davon gegenan. Könnte nerven, tut es aber nicht. Ich will heute Strecke machen, mein Ziel ist Lyö oder Söby. Auf jeden Fall muss Aerö passiert werden. Und bei viel Wind ist das Reisetempo ja meist hoch. OK, zwei kurze Kreuzschläge muss ich einbauen, aber ansonsten bekomme ich fast immer Anlieger hin und bin mit 6 Knoten unterwegs. Und noch viel besser, hinter der einsamen Tonne im Südosten vor Als geht es vor den Wind. Eine Kursänderung von 60 Grad und mehr steht an. Da kann ich mich ernstaft 2 Stunden drauf freuen. Andersherum wäre es schlimmer, aber so heißt es durchhalten und belohnt werden. Die Klamotten halten dicht und die Kälte des Aprils ist vorbei. So what? 

Und jeder der segelt kennt das Gefühl, wenn man vom Amwindkurs auf Raumwindkurs geht. Der Unterschied beträgt eine Jahreszeit. Es regnet trotzdem weiter, aber sommerlich und ausgerefft. Mit 6,5 kn geht es weiter Richtung Südsee, die Meilen fliegen dahin. Am Kap von Aerö noch einmal hart in den Wind und die paar Meilen bis Söby erkämpfen. Zum Einreffen habe ich nun keine Lust mehr. Ich komme gerne nach einem Regentag auf dem Wasser in den Hafen. Raus aus den Klamotten, mir wird wohlig warm. Es hört sogar auf zu regnen. Ortsbesichtigung, Supermarktbesuch. Mehr geht nicht. Und ich bin mitten drin in der Südsee und kann es morgen ruhig angehen lassen. Zur Belohnung sitze ich eine Stunde am Wasser und schaue der Fähre beim An- und Ablegen zu. Langweilig? Ja! Darum bin ich hier. Habe ja grad vier Auftritte am Stück hinter mir.

 Südseestrand :-)

 Die Rapsfelder riecht man bis auf See

Söby



Der Regen lässt endlich nach
Um 0830h weckt mich der beliebteste Hafenmeister Dänemark 2012. Um die Uhrzeit macht er sich bei mir jedoch nur unbeliebt. Und labert mich auch noch zu, um seinen Titel zu verteidigen. Er hat früher als Holzhändler gearbeitet und blablabla. Mir doch egal. Mir sind Automaten lieber. Aber es gibt eine schöne Bäckerei samt Café und Dänemarkpuddingdingens. So kann der Tag beginnen. Es weht nur ein laues Lüftchen, und ich beschließe einen Schnellstart. Bedeutet: Motor an, Leinen los und ab. Anziehen, Segel auspacken etc. kann ich auf See machen. Dazu kommt es eh nicht. Flaute! Also fahre ich unter Motor nach Drejö. Inselsammeln. Hier war ich nämlich noch nicht. Netter Hafen, schöne Einfahrt, kein Wind, perfekter Anleger. Gefolgt von einer Stunde Fußmarsch über das Inselidyll. Und einer langen Kaffeepause. 
 Keiner hier

 Inselrundgang

Feierabend für heute? Laut Wetterbericht ist Südost 5-6 für abends angesagt. Der Hafen ist nach Südost geöffnet. Könnte dann schaukelig werden. Also weiter, 3 Meilen bis Birkholm. Hier auf dieser winzigen Insel wollte ich immer schon mal die Nacht verbringen. Perfekt. 
 Später bekomme ich noch Gesellschaft

 Dänische Südsee Atmo

 Die am Hafen angekündigte Dusche befindet sich auf der anderen Seite der Insel. Ist sie für alle Insulaner?


 Einwohner von Birkholm



 Club Med - Dänische Version
 Noch mehr Südsee Atmo


In der Tat hat der Wind in der Nacht stark aufgefrischt und so habe ich es nicht eilig aus der Koje zu kommen. Mangels Internet rufe ich Mike von klassisch-am-wind für einen Wetterbericht an. Samstag soll ich ja auf seinem Folkeboot-Treffen auftreten, da wird er sich schon Mühe geben. Über den Tag abflauend und westdrehend, morgen dann umlaufend mit Tendenz Ost. Mein Plan ist es morgen von Marstal aus in die Schlei zu fahren, passt also. Von Birkholm bei dem Wind nach Marstal zu fahren wäre nur unter Maschine möglich. Langweilig. Ich habe eine andere Idee. Ich umrunde Birkholm nördlich und fahre dann auf einem nicht ausgetonnten Weg bis zur Fahrrinne nach Rudköbing. Dort war ich noch nie, und es verspricht aufregend zu werden. Laut Törnführer ist die Passage bis 1,50 Meter Tiefgang machbar. Meine 1,60 bekomme ich da auch noch rüber. Laut Karte und Navionics ist die geringste Tiefe mit 2,2 Metern angegeben. Ich schaue auf den bei Navionics angezeigten Tiefenlinien dann vorbeugend auf das Echolot um Schwankungen durch Tide oder Windverhältnisse nicht zu übersehen. Das passt aber alles gut. Trotzdem passiere ich die erste flache Stelle mit dem Diesel. Sollte ich auflaufen, kann ich mich vom vorlich einfallenden Wind unter Segeln krängend sicher wieder freibekommen. Das Echolot geht bis auf 2,6 Meter. Alles easy. Weiter geht es unter Segeln. Nördlich vorbei an Styrsö. Dann wird es nochmal flach und eine Untiefe liegt im Weg. Wieder fahre ich unter Maschine. Diesmal geht die Anzeige bis auf 2,2 Meter. Der Sandboden ist so gut zu sehen, als wären es nur 60 Zentimeter. Ganz langsam krieche ich über das Flach bis die Zahlen wieder größer werden. Bei 3 Metern geht die Fock hoch, denn ich will nun vor dem Wind nach Rudköbing. Dort mache ich im Handelshafen fest und werde sehr nett von Andreas mit den Worten: „Ich habe alle deine Videos gesehen“ begrüßt. Andreas sagt, dass er von Guido und mir stark darin beeinflusst wurde, einmal eine längere Segelauszeit zu nehmen und er nun mittendrin sei. 3 Wochen sind um, 1 Woche liegt noch vor ihm. Sein Unternehmen ist in Obhut von Frau und Kindern. Klasse. Es ist ein tolles Gefühl Motivator zu sein. Leute geht Segeln, macht mal Pause, das Leben wartet nicht auf euch!! Rudköbing ist typisch dänisch. Fachwerk und kleine bunte Häuschen. Soft-Eis und Beschaulichkeit. 

 Anfahrt nach Rudköbing

 Handelshafen



 Rudköbings Straßen
Zurück am Hafen sehe ich das der Wind auf West gedreht hat. Also auf nach Marstal. Wieder vorbei an Styrnö, diesmal Ost- und Südseite. Der Wind tut mir den großen Gefallen sich der Form von Aerö anzupassen und damit immer nordwestlicher zu kommen. Ohne einen Kreuzschlag kann ich so bis in den Hafen von Marstal segeln. Hier geht meine Tour durch die dänische Südsee dann morgen zu Ende und mich zieht es in die Schlei. Wieder einmal bin ich begeistert von diesem einmaligen Segelrevier. Wenig Wellen, viele kleine Häfen und mögliche Routen. Und nach der regnerischen Anreise fühlten sich die letzten beiden Tage an, als wäre es bereits Hochsommer. Das Leben ist schön. 

 Anfahrt Marstal