Freitag, 19. Mai 2017

Woran kann es nur wieder gelegen haben? Mein Beitrag zum ESC 2017

Emotionen pur - Lilly Lou von "Rock the Bob" schreibt ihre Texte noch selbst


Ich habe vom diesjährigen ESC Contest eigentlich nur drei Dinge mitbekommen.
- Den Gewinnertitel am Ende der Show interpretiert von dem portugiesischen Geschwisterpaar
- Das Unverständnis der Medien ob des vorletzten Platzes
- Den deutschen Titel bei YouTube, um mitreden zu können
Mit erscheint die Sache doch recht eindeutig. Lieber NDR, hier meine Analyse und Hilfestellung für das nächste Jahr:
Es geht bei Musik um Emotionen. Wenn ich einen Song höre der mich anspricht, macht dieser mich glücklich, bringt mich zum Weinen oder Lachen, lässt mich Tanzen (selten), mich über mein Leben nachdenken, von Urlaub träumen etc. Doch welche Emotionen habt ihr von dem deutschen Titel erwartet? Gut, das Wolle Petri Gitarrenintro ist Geschmackssache, aber ansonsten ist der Song handwerklich OK. Und wird von der mir unbekannten Lady auch ganz OK interpretiert, von einigen nicht ganz getroffenen Tönen mal abgesehen. Aber emotional bleibt nichts hängen. Weder die Musik oder die Interpretin erreichen mich. Man merkt, dass sie alles richtig machen möchte und sich viele Punkte wünscht. Perfect Life=Perfect Score? Aber mir sonst nichts weiter zu sagen hat. Solides deutsches Handwerk (in englischer Sprache) ohne emotionalen Inhalt. Dazu eine Band mit der Ausstrahlung von NASA Raumfahrttechnikern.
Um Emotionen zu transportieren müssen Interpret und Titel zusammenpassen. Auch hier verstehe ich bei dem deutschen Titel nicht, warum diese Frau mit Frisur diesen Song singt. Weil sie es kann? Warum soll ich mir das noch einmal anhören wollen und dafür Punkte vergeben? Für weitere 3 Minuten Langeweile?
Oder wähle ich dann doch lieber für Portugal? Ich verstehe zwar kein Wort (obwohl ich es gerne würde), spüre aber das der Sänger etwas zu sagen hat, er den Song wirklich fühlt und ich vor allem sofort emotional bei der Sache bin. Die Zeit bleibt stehen, die Welt dreht sich etwas langsamer und ich spüre Trauer, Sehnsucht, Verlust, Hoffnung. Auch ohne Worte. Diesen Song würde ich gerne noch einmal hören.Schade das es in unserer Radiolandschaft dafür kein Format mehr gibt. Der deutsche Song würde dort jedoch gar nicht weiter stören.
Anderes Beispiel: Lena und Satellite. Welch perfekte Kombination. Durchgeknallte Alte, durchgeknallte Interpretation und ein schräger Song. Macht gute Laune, hatte Erotik und Suchtpotential. Volle Punktzahl...bitte gleich nochmal! Derselbe Song von der diesjährigen Kandidatin oder dem Portugiesen interpretiert... hmmm, wäre wohl schwieriger gewesen.
Also lieber NDR, was wollt ihr das nächste Mal machen? Der Welt Emotionen verkaufen oder irgendwie wieder alles richtig machen? Die in Amerika produzierte Fahrstuhlmusik, die auf vielen eurer Sender läuft und nicht weiter stören soll oder der eine Song, der einmal aufhorchen lässt? Wenn ihr einen Titel mit passendem Interpreten findet, der voller Emotionen ist, dann wird Europa das schon zu würdigen wissen, glaubt mir. Denn Musik ist der Soundtrack unseres Lebens in seiner ganzen Bandbreite und nicht nur die unaufdringliche Hintergrundmusik, die uns im Formatradio präsentiert wird. Mein Leben macht mich wütend, traurig, glücklich, neugierig, aggressiv oder sentimental. Aber sicher nicht gelangweilt.