Sonntag, 20. August 2017

Sommertour - Tage 17 bis 20 - Rödby, Port Olpenitz, Höruphav & Minde

Das Video zum Blogbeitrag

Jetzt gilt es den Rückweg anzutreten. Mein aktueller Standort ist Kühlungsborn und ich möchte nach Minde in der Flensburger Förde. Dazu habe ich viereinhalb Tage Zeit. Ich denke über zwei Möglichkeiten nach:

Die attraktive Variante: Über Gedser und den Guldborgsund in die Smalandsgewässer. Von dort über Langeland und Äerö in die Flensburger Förde.
Vorteile: Landschaftlich attraktiv, Route mir bisher noch unbekannt
Nachteile:  zeitlich länger, Wasserstand im Guldborgsund bei Westwind niedriger als üblich. Und zurzeit herrscht West 5-6!

Die kürzeste Variante: Über Burgstaaken und den Fehmarnsund nach Damp oder Schleimünde. Dann von dort in die Flensburger Förde
Vorteile: Kürzeste Strecke
Nachteile:  Nicht Neues, Wind passt derzeit noch nicht

 

Eigentlich möchte ich sofort losfahren. Alleine rumhängen und auf den richtigen Wind warten ist nicht so mein Ding. So bin ich dann auch um Punkt 0800h wach und mache das Boot klar zum Auslaufen. Im Hafen fühlt es sich noch entspannt an, der Blick durchs Fernglas zeigt mir aber einige wenige Segelboote, die sich in den vielen Wellenkämmen feststampfen. Und die haben noch nicht einmal Fehmarn anliegen. Ich ziehe noch einmal das Wetter zu Rate. Wellenhöhe 1,50m. Kommt hin. Wind aus West auf Nordwest drehend. Mein Kurs von 315° nach Burgstaaken ist so Utopie. Bliebe Gedser. Ich mache mir allerdings ein wenig Sorgen um den Wasserstand. Die Aussagen was den möglichen Tiefgang im südlichen Teil des Guldborgsundes angehen sind widersprüchlich. Und bei starkem West sollen dann noch einmal 60 Zentimeter fehlen. Hmm. Außerdem soll der Wind ab morgen Mittag für ein paar Tage auf Süd-/Südost drehen. Das wäre wiederrum ideal für die Variante zwei und nicht so toll für Langeland Richtung Süd aus Variante eins. Bevor ich mich totgrübele bezahle ich im Hafenbüro für eine weitere Nacht. Die Idee vor dem Wind und eventuell mit Spi nach Flensburg zu rauschen ist einfach zu verlockend.


Unterwegs nach Rödby

Der nächste Morgen beginnt schwachwindig. Ich kann mich tottrimmen, mehr als manchmal 2,5kn sind nicht drin. Meist jedoch unter 2kn. Dazu steht noch eine alte Dünung gegenan, die das Boot zusätzlich bremst. So wird das nichts. Ich starte meinen Außenborder, den ich mir ja genau für diese Zwecke angeschafft habe um meinen Diesel zu entlasten. Und bin mit 5kn unterwegs. So lässt sich das aushalten. Das Gedröhne nervt allerdings und ich suche Beschäftigung zur Ablenkung. Am Ende halte ich mich lange mit den Fenstern auf, die seit einiger Zeit etwas undicht sind. Kein Wunder, sind doch eine Menge der Schrauben lose. Vibrationen, arbeitet das GFK? Schwer zu sagen, aber ich bekomme sie alle wieder fest und hoffe, das nun beim nächsten Regen hier Ruhe herrscht. Irgendwann erstirbt der Motor. Der Außentank ist leer. Ich fülle nach. Doch kurz danach setzt eine leichte Brise ein. Leicht raumschots. Ich habe genug vom motoren und bereite den Spi vor. Umlenkblöcke hinten, Schoten nach vorne, Topnant, Spibaum, Spifall, Spisack befestigen und Schoten und Fall anschlagen. Immer jede Menge Action. Ich begehe jedoch den Fehler, den Spi zu ziehen ohne richtig vor den Wind zu gehen. Der Wind kommt fast halb und ich habe nun einen Ballon an der Seite der ordentlich an den Schoten zieht, die auf dem Vorschiff nur durch meine Hände laufen um sie zu bändigen. Kurskorrektur und hin und her an Deck. Einhand ist das etwas knifflig. Am Ende steht der Spi gut und zwei Brandblasen zieren meine Finger. Naja, wieder was gelernt. Oder besser memoriert. 


Den Kampf gegen den Spi gewonnen
Nun läuft das Boot endlich gute 4,5kn, doch leider kommt der scheinbare Wind genau halb. Und sobald eine Bö einfällt, fällt dann auch der Spi ein. Es ist also steuern per Hand angesagt. Rödby ist so nicht anzulegen, aber wie so oft raumt der Wind im Laufe der Zeit und es passt dann doch. Jetzt muss ich nur noch meine Einfahrt in den Fährhafen timen, denn eine Fähre nach der anderen kommt in oder verlässt den Hafen. Ich quere erst einmal die Einfahrt um auf der Backbordseite um den Molenkopf zu witschen, sobald Platz ist. Passt sogar ganz gut, und direkt hinter eine ‚Fähre laufe ich mit stark quer setzendem Strom ein. Die Fock hilft dabei meinem 10PS Dieselchen. Im Yachthafen ist jede Menge Platz und ich gehe an einen Ausleger. Rödby. Traum meiner Jugend. Puttgarden-Rödby, war unsere Urlaubsroute nach Dänemark. Wie oft stand ich auf der Fähre und habe auf die See gestarrt. Habe zu Hause Anlegen gespielt. Mit Wäscheleinen. Ich hätte einen Leinentick, sagte meine Mutter dann stets. Das Segeln lag mir wohl damals schon im Blut. Hier in Rödby vermisse ich meine verstorbenen Eltern sehr. Gerne hätte ich sie an Bord dabeigehabt, jetzt wo der Junge ein Mann geworden ist. Angerührt von den Erinnerungen buche ich ein Fährticket und fahre einmal nach Puttgarden und zurück. So wie früher. Und esse den Klassiker: Fischfilet, Pommes und Remoulade. Der Yachthafen ist hässlich aber doch irgendwie charmant. Fühle mich dort wie ein Berufsschipper. Und da ich ja nicht zum Spaß hier bin, sondern morgen früh weitermuss, passt das schon so. Ziel für morgen? Bagenkop oder Marstal. Mal sehen. Meine Pläne halten auf dieser Tour ja selten länger als einen Tag.

Die Einfahrt nach Rödby
Und wieder einmal kommt es anders. Morgens höre ich den Wetterbericht. Ab dem späten Nachmittag soll es gewittern. Es gibt eine Böen Warnung der Stärke 9 mit lokalen Unwettern und auf West drehenden Winden. Sprich gegen an sollte ich in Bagenkop oder Marstal liegen. Also ziehe ich die Karte zu Rate. Es wäre ja fast besser gewesen, wenn ich den Fehmarnsund gewählt hätte und heute bis Kiel und dann nordwärts fahren könnte. Hätte, hätte. Ich wähle Schleimünde als Tagesziel. Ist mit 45sm zwar etwas weiter weg, aber ich hätte viel West gutgemacht und könnte bei weiterem Westwind die Flensburger Förde erreichen und zur Not bis Minde kreuzen. Der Kurs sieht auf der Karte ganz spannend aus. Einmal quer hinüber und durch einige Routen der Berufsschifffahrt. Mit der aufgehenden Sonne lege ich ab. Der Wind kommt achterlich mit 5-6Bft. Ich fahre im 1. Reff und mit der Rollfock kann ich feinjustieren.

 Rauschefahrt gen West

 La Mer rennt auch gut los und wir sind ständig mit über 6kn unterwegs. Das schafft natürlich etwas weg. Und so purzeln die Meilen. Auch das etwas Katz- und Mausspiel mit zwei großen Tankern vertreibt die Zeit. Dem ersten fahre ich direkt hinter dem Heck vorbei, dem zweiten dann weit vor dem Bug. Es ist immer wieder schwer einzuschätzen, wie schnell und in welche Richtung genau die großen Dampfer fahren. Oft fühlt es sich lange wie eine stehende Peilung an und am Ende ist man doch mehr als eine Meile am Kreuzungspunkt der Kurse voneinander entfernt. 

Am Heck vorbei 

Dann liegen auch, wie überall in Dänemark, überall Netze aus. Sogar fast direkt neben der rot-weißen Tonne. Der Wind schwächelt, brist dann aber wieder auf. Die Welle wird nach der Abdeckung Fehmarn steiler. Alles in allem wieder ein Schaukeltörn mit gutem Speed. Die letzten Meilen ziehen sich dann mit nachlassendem Wind. Der Wetterwechsel steht an. Ich laufe nach Port Olpenitz. Schleimünde ist eventuell voll und ich möchte dort nicht bei Böen der Stärke 9 mit nur einer Heckleine zwischen einer Menge Urlaubsskipper verbringen. Olpenitz hatte ich in sehr schlechter Erinnerung. Musste dort einmal viel Geld für keinen Strom und keine Sanitärgebäude bezahlen. Aber nun scheint die Marina fertig und ich werde auch sehr herzlich empfangen. Es folgt ein Rundgang durch Sanitärgebäude wie aus dem Schöner Wohnen Heft. Komplette Einzelbäder mit Edeldusche oder gar Badewanne. Toiletten und Waschräume in Top Qualität. Wer das sauber halten soll, wenn es mal brummt? Oder wie lange die Schlangen vor 2 Duschen dann werden? Egal, ich genieße den Luxus. Der kostet zwar Extra, dafür ist der Liegeplatz für die Nacht mit €11,50 sehr günstig. Ein Toilettengang wird auch mit €0,50 berechnet. Schräg, aber es soll bald auch eine kostenlose Alternative geben. Dann allerdings ohne Luxus. Dann kann man selbst entscheiden. Wie auch immer, ich mache um 1800h mitten im Regen und Gewitter kurz die Augen zu und erwache gegen 2200h. Und drehe mich direkt wieder um. Strecke segeln macht müde.

 Gewitter im Hafen

 Luxusdusche in Port Olpenitz
Die nächsten beiden Tage bieten Standardsegeln im Heimatrevier. Der Wind kommt wirklich aus West und ich laufe nordwärts bis Höruphav. Ich liebe diesen Hafen und den SuperBrugsen im Ort. Es wird feinstes Sommersegeln endlich einmal in stabiler Lage am Wind. Nicht schnell aber tiefenentspannt. Denn den Termindruck bin ich hier schon los. Nach einer ruhigen und satten Nacht folgt dann das letzte Stück bis in meine Heimatmarina in Minde. 

 Am Wind nach...

 ...Höruphav

Noch einmal hat Rasmus auf Regen und Wind geschaltet, was wir nun aber auch egal ist zumal der Wind achterlich einfällt. Da ich keine Lust auf Stress am Ende habe fahre ich im 2. Reff raus und reffe dann immer mehr aus, bis ich am Ende noch mit einem schönen Butterfly gen Minde laufe.

 Vor dem Wind nach...

...Minde

 Ich fange während der Fahrt schon an, das Boot aufzuklaren. Denn nach 4 Wochen an Bord heißt es nun Abschied nehmen. Mein Auto steht noch auf dem Parkplatz und eine Stunde nach Ankunft in einem Saisonhafen bin ich damit unterwegs nach Hamburg. Es liegen großartige, ereignisreiche, stürmische, sonnige, regnerische, glückliche und anstrengende Tage hinter mir. Die Ostsee hat uns alle ihre Seiten präsentiert. Mir kommt es vor als sei ich Monate unterwegs gewesen. Toll. Aber nun warten erst einmal andere Aufgaben auf mich. Und die beste Ehefrau der Welt. 

 
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