Auf meinen letzten Blogbeitrag kamen einige Reaktionen bzgl.
des Abtreibens beim Anlegen. Das passt gut in meine Kapitel zum Lernen aus
Fehlern. Gerade einhand kann es schnell vorkommen, das der Bug beim Anlegen in
eine Box bei Seiten- oder Gegenwind vertreibt, bevor man eine Vorleine zum Steg bekommt. Wie das passiert und was man
dann noch tun kann, möchte ich hier beschreiben. Im letzten Jahr bin ich ja einhand
bestimmt 150 Anlegemanöver gefahren, und konnte
mir so einige Strategien zurechtlegen, die ich hier gerne teile und die
natürlich auch für Crews passen.
Erfolgreich ist das Manöver bereits dann, wenn man je ein
Achterleine und eine Vorleine in Luv belegt hat, doch ich versuche eigentlich
immer beideAchterleinen über die Pfähle zu bekommen, bevor ich mich dann darum
kümmere das Boot neu auszurichten. Und danach so dicht an den Steg zu bewegen,
das ich mit einer Vorleine hinübersteigen kann. Das übliche Manöver (bei
normalen Windverhältnissen) läuft bei mir wie folgt ab: Ich ziele auf die Box
und lasse das Boot dann mit möglichst
wenig Fahrt ausgekuppelt durch die Pfähle treiben. Je nach Wind beginne ich
dabei etwas luvseitig der Box, denn der hintere Luvpfahl muss auf jeden Fall
erwischt werden, sonst wird ein neuer Anlauf nötig. Die mit großem Palstek
versehenen Achterleinen liegen dabei bereit. Sie sind belegt und richtig durch
den Seezaun geführt auf Höhe der Sprayhood. Sie sind dabei so zu belegen, dass
sie auf jeden Fall lang genug sind um
mit dem Bug den Steg zu erreichen, jedoch kurz genug, um das Boot achtern nicht
zu extrem vertreiben lassen zu können. Hier spielt natürlich die Erfahrung und
der Blick für die richtige Boxenlänge mit hinein. Auch ein Bootshaken liegt bei
mir immer griffbereit in der Plicht.
Achterleine über Luvpfahl
Beim Hineingleiten in die Box probiere ich sehr früh die
luvseitige Achterleine über den Pfahl zu bekommen und zwar schon möglichst
bevor dieser mittschiffs vorbeigeht. Das lässt mit dann genug Zeit durch die Plicht auf die Leeseite zu gelangen um dort
die zweite Leine über den Leepfahl zu bekommen. Nun wird der Bug meist etwas
von der richtigen Richtung abgekommen sein. Ein kurzer Gasstoß voraus mit
entsprechend gelegtem Ruder korrigiert dieses und gibt dem Boot dabei noch
einmal etwas Fahrt um auch bis an den Steg zu kommen. Bei Annäherung werfe ich beherzt beide Vorleinen hinüber damit ich
beide Hände frei habe um über den Bugkorb auf den Steg zu jumpen. Nun wird schnell
die Luvleine fixiert. Je nachdem ob ich
Ringe, Klampen oder Poller vorfinde gehe ich hierbei unterschiedlich vor, doch das
erkläre ich aber einmal an anderer Stelle. Nun wieder auf das Boot und die
Achterleinen korrigieren, dann wieder auf den Steg und die Leeleine belegen. Damit
liegt das Boot dann sicher.
Achterleine über Leepfahl
Soweit die Theorie und auch die Praxis bei
wenig Wind. Bei starkem Seiten- oder Gegenwind gibt es nun, durch das oft unvermeidliche
Vertreiben des Bugs, folgende potentiellen Probleme:
1. Bei viel Wind und wenig Fahrt vertreibt der Bug mit jeder
Sekunde mehr. Ein Hineingleiten in die Box mit möglichst
wenig Fahrt wird also nicht funktionieren.
2. Dadurch hat man dann automatisch oft nicht mehr genug Zeit um auch den Leepfahl zu
erwischen. Das ist an sich kein Problem, da es hinterher ja immer noch möglich
ist. Bei sehr viel Wind wird man das auch immer so machen, aber es gibt
natürlich Zwischenbereiche. Manchmal passt es dann und manchmal eben auch nicht.
Die Probleme beginnen eigentlich stets, wenn man zu viel Zeit damit verbringt, auch
die Achterleine in Lee über den Pfahl zu bekommen. Man kann in dieser Zeit die
Geschwindigkeit und die Position des Bugs schlecht korrigieren. Verliert das
Boot zu viel Fahrt vertreibt der Bug unweigerlich und aus meiner Erfahrung ist
ein Abkommen aus der Fahrtrichtung von mehr als 25°, bei starkem Wind nicht
mehr mit einem kurzen Gasstoß zu korrigieren.
3. Nun wird also keine Annäherung an den Steg mehr erreicht und ich komme mit der Vorleine
nicht mehr hinüber. Wenn auf dem Steg nun niemand hilft wird es unangenehm. (Eine
meiner Vorleinen ist übrigens sehr lang, so dass ich in dieser Situation bei
Hilfe vom Steg diese immer noch hinüberwerfen kann).
4. Sind längs zur Box Führungsleinen gespannt ist
es einfach. Ich ziehe mich dann mit deren Hilfe einfach an den Steg. So
ausgestattete Boxen sind bei viel Wind daher auch zu bevorzugen. Auch neben der
Box in Luv liegende Boote können hilfreich sein. Daher bringe ich bei viel Wind
vorne am Bug in Luv stets einen dicken Kugelfender aus. Trotzdem kann man dabei
aber auch den Nachbarlieger beschädigen, da man ja selber vor Einfahrt in die
Box seine Fender mittschiffs noch nicht draussen hat um nicht an den Pfählen
hängen zu bleiben.
5. Sind die Optionen aus Punkt 4 jedoch nicht
gegeben, bleibt mir nichts anderes übrig als mich an die Heckpfähle treiben zu
lassen um erst einmal Ruhe in das Schiff zu bekommen. Da die Heckleinen ja
belegt sind kann ich (zumindestens bei Gegenwind) auch nicht einfach Gas geben
um aus den Boxen fliehen. Wie gesagt, längs an den Heckpfählen zu liegen
empfinde ich auch nicht als bedrohlich, sondern nur als doof.
Auf dem Weg zum Steg
Denn es gibt ja nun immer noch Möglichkeiten
sich zu befreien: Die Heckleinen lösen, das Boot passend ausrichten, achtern
abstossen und mit dem Bug durch die Pfähle zurück in die Boxengasse fahren. Oder aber eine Leine an den Steg bekommen. Das
kann über ein Nachbarboot geschehen, schwimmend, mit dem Schlauchboot oder über
jemanden der doch noch irgendwann helfend an den Steg kommt. Als weitere Option
wurde mir via facebook übrigens geschildert einfach an den Pfählen über Nacht
liegenzubleiben und dann morgens wieder auszulaufen. Das geht natürlich auch :-)
Jetzt bleibt natürlich noch die Frage, warum mir
der Fehler trotz eines zweiten Mannes am Bug passiert ist. Wie
auf facebook richtig kommentiert natürlich durch mangelnde Konzentration.
Merkwürdigerweise mache ich einhand weniger Fehler, als mit einem Mann/Frau auf
dem Vorschiff. Wohl auch weil ich meist alleine unterwegs bin. Während ich dann denke, vorne ist ja alles im grünen Bereich kümmere ich
mich um die Heckleinen ohne genau aufzupassen. Und wenn dann noch eine Ansage
von vorne ausbleibt oder im Winde verweht, ist es ganz schnell passiert das der
entscheidende Meter fehlt. Also immer Augen auf, bis sich die Vorleine auf dem Steg befindet! Und ach ja,leider habe ich keine Mittelklampen...