Zugegeben: Ich habe dem Buch Gewittersegeln eine Geschichte
beigesteuert, bin aber doch jetzt erst dazu gekommen es einmal ganz
durchzulesen. Und bin hellauf begeistert. Warum?
Es sind die
persönlichen Erlebnisse, die Geschichten aus der Praxis, die
unerwarteten Dramen die den Unterschied zum Lehrbuch machen. Der Grund
warum man Kurse belegt oder Vorlesungen besucht, obwohl man seine auch
selbsterworbenen Kenntnisse meist nur in einer Abschlussprüfung belegen
müsste. Die Theorie prägt sich durch Geschichten aus der Praxis einfach
besser ein und die Wahrheit ist ja oft viel komplexer als es ein Lehrbuch
darstellt. An Bord meines Bootes habe ich den Klassiker "Seemannschaft" und ein SSS
Lehrbuch. In beiden Büchern wird auf nur wenigen Seiten auch über Gewitter
geschrieben, aber es fehlen die Beispiele aus dem Leben. Denn die von
den 40 Autoren beschriebenen Abenteuer bis Katastrophen aus den
verschiedensten Regionen haben eines gemeinsam. Der Zustand Gewitter
vermischt sich immer mit einer persönlichen Komponente. Und erst deren
Kombination wird zur Gefahr.
So wie im Auto eine Fahrt im Dunkeln durch
Schnee oder Regen erst einmal unkritisch ist, ändert sich das durch
Übermüdung des Fahrers, abgefahrene Reifen, fehlende Landkarten. Es ist
immer die Kombination die zu Unfällen führt, und die in den Lehrbüchern
nicht beschrieben wird. In der "Seemannschaft" steht nichts von
nachlassender Wachsamkeit auf langem Törn bei schönem Wetter - und schon
liegt man platt auf dem Wasser. Nichts von der wegen übermässiger
Vorsicht lästernden Ehefrau - und schon ist man zu tief in einer
ungeeigneten Ankerbucht gefangen. Der unterdimensionierte Aussenborder,
der fehlende Mann bei einer langen Yachtüberführung. Die Variationen
sind so zahlreich wie die Autoren, und das ist gut so. Reviere,
Kenntnisstand, Yachtgröße, Schreibstil...alles variiert, so das dieses
Buch einfach nicht langweilig wird.
Die meisten der Geschichten werden
ergänzt durch Selbsteinsichten der Autoren, was sie hätten anders machen
können und heute anders machen würden. Ich würde mir noch viel mehr
dieser Praxisbücher zu weiteren Themen der Segelei wünschen, denn
ähnlich wie die Praxisaufgaben in der Navigation, festigen sie erst den
Kenntnisstand des Seefahrenden und bieten ihm im Ernstfall einen
fremderlebten Wissensfundus, der hilft eben diese gefährliche
Kombination aus Fehlern zu vermeiden. Die meisten der Geschichten enden
dann auch nur mit einem Schrecken oder einer neuen Erfahrung, doch ein
tödlicher Ausgang einer Überführung im Mittelmeer zeigt wie schnell
auf See etwas Ernstes passieren kann. Und je intensiver man sich mit den
vielfältigen Gefahren der Gewitter vorher auseinandergesetzt hat, umso
ruhiger kann man im Ernstfalle damit umgehen.
Und dafür plädiere ich in
meiner Geschichte im Buch. Sicherheit durch gute Vorbereitung, damit man
auf See der Gefahr begegnen kann und ihr die Stirn bietet. Und nicht
verunsichert und verängstigt falsche Entscheidungen trifft. Und auf
etwas Aberglauben und auch das bewusste Auskosten der Gefahren, die das
Abenteuer Seefahrt nun mal seit Jahrhunderten in sich birgt. Und die man
dann in den Seemannskneipen der Welt zu hören bekommt. Oder in diesem
Buch zu lesen bekommt. Denn im Sessel vor dem Fernseher erlebt man so
etwas nun einmal nicht. Mehr davon!