Jedes Mal, wenn neben mir ein Schiff voll eingepackter
Menschen mit Leuchtkapuzen anlegen will, ist höchste Alarmstufe angesagt. Es
folgen meist Geschrei, Planlosigkeit und akute Gefahr für die Nachbarlieger.
Bei einem Schiff mit einem Skipper im Pulli oder anderer „ziviler“ Kleidung
besteht diese Sorge eher nie. Das Können der Crew scheint somit umgekehrt
proportional zur Klassifikation der Kleidung zu stehen. Schwerwetter Offshore
wird offenbar noch vor dem SBF angeschafft, ab einigen 1000 Seemeilen Erfahrung
hat man dann wohl keine Lust mehr sich so dick zu verpacken und sucht nach
etwas Gemütlicherem. Ohnehin war es mir stets ein Rätsel, warum in den
Katalogen der meisten Ausrüster immer die Kleidung den Anfang macht. Und ganz
hinten finden sich dann erst Farben, Lacke und Epoxy. Bei meinem alten Boot
lese ich daher immer von hinten nach vorne und das Budget reicht dann grad mal
für ein paar der hinteren Seiten und nie für die Vorderen. Was braucht man aber
wirklich auf der Ostsee? Ich habe einfach mal die Sachen rausgesucht, die ich
auch wirklich getragen habe und die irgendwie unter den Begriff Funktionskleidung
fallen.
T-Shirts, Unterwäsche etc. lasse ich in der Auflistung weg. Gerade
Anfängern möchte ich hiermit eine Übersicht über die wirklich wichtigen und
praxiserprobten Kleidungstücke geben. Die alten Hasen haben eh schon ihre
eigene Sammlung an Segelklamotten.
Kopfbedeckung: Ich hasse Kapuzen und deren beengendes Gefühl
und Sichtfeld. Lieber habe ich eine nasse Mütze auf dem Kopf. Und so gibt es
bei mir eine dicke Mütze und eine dünne Mütze (gut bei Wind, aber moderaten
Temperaturen). Unter einer Baseballcap wird mir stets zu warm und sie neigt zum
Wegfliegen. Bei Hitze und Sonne hat sich für mich übrigens ein Tuch bewährt
(Bandana), welches ich auf den Kopf
knote und ständig mit Wasser tränke, um den Kopf zu kühlen.
Sonnenbrille: Ich benutze nur noch polarisierte, auch wenn
sie dann teurer sind. Die Sonnenreflexionen auf dem Wasser gehen enorm auf die
Augen, und ich möchte einfach nicht mehr ohne eine gute Sonnenbrille sein. Abends
spürt man den Unterschied. Und möglichst rundum abschließen soll sie, um Luftzug von den Augen abzuhalten.
Schal: Als Glücksbringer und gegen einen steifen Nacken
immer am Mann.
Feste wasserdichte Jacke: Meine gab es sehr billig (€20.-) im Baumarkt.
Sie ist warm, wasser- und winddicht und hat viele Taschen. Irgendwann habe ich sie lieber angezogen als
eine bei ebay erworbene spezielle Segeljacke (mit Kapuze).
Kapuzenpulli mit Futter: Allrounder auf See. Hält warm und
den Wind ab. Mit der Kombination aus Pulli und erwähnter Jacke ist mir immer
warm gewesen. Aber oft auch schnell zu warm.
Leichte wind- und regendichte Jacke: Mir fehlte bisher an Bord
immer noch eine leichte, gemütliche Jacke. Die mal eben schnell übers T-Shirt
gezogen, oder bei leichtem Regen über den Kapuzenpulli, warm und trocken hält.
Ich warte dann gewöhnlich immer zulange und am Ende sind dann alle Klamotten nass.
Umso mehr habe ich mich gefreut so eine Jacke
zum Testen von www.12seemeilen.de/ zur Verfügung gestellt zu bekommen. Doch davon gleich
mehr.
Handschuhe: Ein Paar mit Fingern gegen die Kälte, und eines ohne
Finger zum Arbeiten. Beide sind ein Muss an Bord.
Segelhose: Mein Lieblingskleidungsstück. Die dicke Hose mit
Trägern. Bei Wärme auch gerne nur mit T-Shirt. Wenn ich sie nicht anhabe, fühle
ich mich wie ein Ritter ohne Rüstung. Verwundbar und unseemännisch. Sie ist
warm, schützt die Nieren, ist an den Knien extra geschützt, wasserdicht und
kann mit angezogenen Schuhen ausgezogen werden. Einziges Manko, keine Taschen
für die Hände. Unter der Hose trage ich dann je nach Temperatur entweder nur
Unterhose, lange Unterhose oder Jogginghose.
Schuhe: Schwierig!! Auch hier suche ich noch nach einer
Kombination aus wasserdicht und leicht. Zurzeit habe ich entweder Turnschuhe
oder Gummistiefel an, doch nichts für mittendrin.
Ende der Liste, das war‘s! Mehr brauchte ich von Mai bis
Oktober auf der Ostsee nicht.
Und jetzt komme ich also nun wie versprochen zum Test der folgenden Jacke von Marinepool:
Ich erhielt sie zum Testen vom Ausrüster
wobei es der Firma sehr wichtig war einen möglichst objektiven
Test zu erhalten, der sowohl positive als auch negative Punkte berücksichtigt.
Das gefällt mir gut und so fange ich einmal mit meiner Anforderungsliste an diese
leichte Jacke an.
- Gemütlich, leicht und optisch ansprechend…sonst ziehe ich sie eh nicht an
- Winddicht, aber atmungsaktiv
- Abschließende Bündchen an den Ärmeln gegen den Wind
- Anschmiegsamer Kragen
- Wasserdicht bei leichtem (auch länger anhaltendem) Regen
- Außentaschen für die Hände und eine Innentasche
- Einsetzbar an warmen wie an kalten Tagen, also einen größeren Temperaturbereich abdeckend ohne Schwitzen oder Frieren
Jetzt wollen wir doch einmal sehen inwieweit die zu testende
Jacke nun meinen Wünschen gerecht wird, und ob sie sogar eventuell einen Platz
an Bord findet.
Gut sieht sie aus. Farbwahl und Schnitt passen sehr gut. Die
gesamte Verarbeitung wirkt extrem hochwertig; von den Nähten bis hin zu den Reißverschlüssen
mit Zippverlängerungen. Dazu kommen viele Details wie der robuste Aufhänger,
das Logo und der Marinepoolschriftzug. Mit der Jacke kann man sich in jedem
Hafen sehen lassen, aber sie ist auch gut privat zu tragen, da sie nicht zu
segelspezifisch aussieht. Innen ist sie mit einem sehr weichen Material gefüttert.
Meine Anforderungen zu Punkt 1 sind damit zu 100% erfüllt. Das weckt mein Interesse
auf mehr.
Also raus in den Wind. Ich trage nur ein T-Shirt unter der
Jacke und draußen weht es recht kräftig. Schnell noch die mit Klettband
verstellbaren Bündchen verschlossen,
schon bin ich winddicht eingepackt. Von unten dringt noch etwas Luft ein, aber auch hier (und oben am sehr
angenehmen und individuell einstellbaren Kragen) finde ich die Möglichkeit mich
mit praktischen Gummis schnell komplett
zu isolieren. Die interessanten Reißverschlüsse mit Gummierung lassen ebenfalls
keinen Zug hindurch. Sehr gut! Auch beim weiteren Schreiben dieses Beitrages
unter Deck komme ich, nach wie vor komplett isoliert, nicht ins Schwitzen. Punkte
2,3 und 4 sind damit ebenfalls sehr gut erfüllt.
Für den weiteren Test habe ich jetzt erst einmal die passenden
Bedingungen abgewartet. Diese bestanden im Laufe einer typischen norddeutschen
Sommerwoche aus Regen, viel Wind, Sonne und Abkühlung bei einem Nachttörn. Einfaches
Fazit: alle Bedingungen wurden perfekt gemeistert. Das Wasser perlt nur so von
der Jacke ab; durch die gummierten Reißverschlüsse dringt auch bei längerem
Regen nichts ein. Bei Kombination von Wind und Sonne bleibt man geschützt ohne
ins Schwitzen zu kommen und auch nach dem Anlegemanöver schwitzt man nicht übermäßig.
Und wenn dann ist es nicht Jacke geschuldet J
Sie hält auch nachts ausreichend warm, allerdings muss man dann je nach Bedarf
noch etwas über dem T-Shirt anziehen. Ich habe es ja lieber etwas kühler, daher
bin ich rundum zufrieden. Dazu habe ich zwei Außentaschen für meine Hände, ein
für mich übrigens sehr wichtiger Punkt.
Kurzum, selten habe ich mich in so kurzer Zeit an ein
Kleidungsstück gewöhnt (mal abgesehen von meiner Segelhose) und die Jacke hat sofort
ihren Platz an Bord gefunden. So fehlt mir dann in der Tat nur die geschützte Innentasche
für Portemonnaie und/oder Handy. Andererseits bieten die Außentaschen dafür aber
auch genug Platz. Die Jacke kommt mit einer Kapuze und diese ist sogar für mich
OK, da sie mit insgesamt 3 Gummis extrem vielseitig verstellbar ist. Wer weiß,
vielleicht gewöhne ich mich ja doch noch daran, diese meiner Mütze vorzuziehen?
So, nun bleibt als einzig echter Kritikpunkt für mich der doch
recht hohe Preis von €199.-. Andererseits merkt man der Jacke den Preis auch in
sämtlichen Details an. Optik, Material, Verarbeitung sind wirklich hochwertig
und man kann sich auch mal in exklusiverer Umgebung sehen lassen. Und es fühlt
sich auch gut an, mal etwas Hochwertiges zu tragen. Meiner Frau gefällt es
sowieso. Der Punkt leichte Jacke ist somit endgültig von meiner Wunschliste
abgehakt, jetzt bleibt nur noch die lästige Schuhfrage zu lösen…für alle Hinweise
bin ich dankbar!