Dienstag, 19. August 2014

Logbuch - Dienstag, den 19. August 2014





Standort: Nynäshamn

Nördliche Ostsee:    
Südwest 6, Ostteil etwas zunehmend, Schauerböen, einzelne 
Gewitter, See bis 3 Meter
 
Status: Eingeweht

Am letzten Julitag kam meine Frau Merih für knapp 3 Wochen an Bord. Wir wollten uns einfach nur gemütlich treiben lassen und nicht viele Meilen machen, also genau das richtige für das Revier vor Stockholm. Vom recht unattraktiven Versorgungshafen Gräddö sind wir dann zunächst nach Kyrkogardsön gefahren.


Hier war ich auf dem Hinweg ja bereits einmal, und es hatte mir so gut gefallen, das ich unbedingt noch ein weiteres Mal hier festmachen wollte. Nachdem ich ihr die ganze Fahrt von der Insel vorgeschwärmt habe, wurden wir beim Näherkommen von ameisenhaften Menschenschwärmen auf der insel überrascht. Der Hafen war ebenfalls knackevoll und ich konnte mich gerade noch irgendwo reinquetschen, leider nur mit Schrammen am Bug, da ein sehr hilfsbereiter Schwede nicht mit meiner Idee eines zweiten Anlaufes einverstanden war und meine Vorleine fest als Spring belegte und mir Kommandos zum Eindampfen gab, nicht so toll wenn dort nur ein kleiner Fender hängt, aber da Strom und Wind mich sonst in eine fette Yacht getrieben hätte, blieb mir so schnell keine andere Wahl. Auf der Insel stellte sich dann heraus, das ein Firma dort alles gebucht hatte um eine größere Feier zu veranstalten. Nach einer daher sehr lauten Nacht war dann am nächsten Morgen der Spuk vorbei und die Insel versprühte wieder ihren ganzen Reiz. Wir schwammen, sonnten, frühstückten, grillten, erkundeten die Insel, genossen den Sonnenuntergang alleine in Liegestühlen und sahen abends noch lange im hier stets offenen Hotel fern. Am nächsten Morgen wollte ich dann ganz toll unter Segeln ablegen, da auch eine deutsche Ausbildungscrew neben uns lag. Konsequenz: Es passte nicht und ich hing in den Heckankerleinen fest und kam nur mit viel Gekasper wieder frei. Später merkte ich dann das der Verklicker unbeweglich in Spinnennetze eingesponnen war und nicht richtig anzeigte, was natürlich aber nur als miese Ausrede durchgeht :-)
Weiter ging es durch tolle Landschaften und eine handbetriebene Drehbrücke bei Klintemala und dann immer gegenan bis nach Husarö. Hier lagen wir echt mies und wellengeschüttelt an einer langen Pier; plus einem weiteren Kratzer an der Bordwand (siehe Post "Moralischer Tiefpunkt"). Aber auch hier konnten wir wieder schwimmen und noch lange über die Insel laufen. Naja, am Ende irgendwie dann doch ganz OK.



Morgens sind wir dann aber schnell weg und nur ein paar Meilen gegenan durch die in Schweden wohl sehr beliebte Bucht "Paradisviken" gefahren. Hier lagen mehr Yachten, als in Laboe im Sommer...



...also ging es gleich weiter  gegenan nach Ingmarsö. Ein wirklich traumhafter Ort, an dem wir dann auch direkt zwei Tage blieben. Schwimmen, Grillen, Eisessen...eben das volle Programm (siehe Post "Schweden liegt am Mittelmeer"). Hier fiel mir nun aber auch auf das der Diesel Öl verlor und dabei der Ölstand stieg. Wir haben uns dann schon einmal für die nächsten Tage einen Hafen mit Motorservice ausgeguckt.



Doch vorher besuchten wir noch die verträumte Insel Möja. Ganz am Ende der Einfahrt haben wir gerade noch einen versteckten Liegeplatz bekommen, nachdem zwei Yachten vorher schon aufgegeben hatten. Der Heckanker ging vor Überraschung recht spät runter, aber es herrschte totale Windstille in der geschützten, langen Bucht. Auch hier haben wir es uns wieder gut gehen lassen, es war auch immer noch sehr heiss und sommerlich...bestes Urlaubswetter. Abends sassen wir auf dem Boot und was passiert? Der Wind dreht so blöde, das er es irgendwie schafft das Ende der Bucht zu erreichen und der Anker slippt....warum immer ich? Ich überlege kurz den Anker mit dem Dinghi zu verholen, aber das ist nicht aufgeblasen und es pressiert, da neben mir eine Reihe Motorboote liegt. Also noch einmal ganz ablegen in dieser unbeschreiblich engen Bucht mit dem nun recht starken Wind. Geht natürlich schief, ich kriege den Bug einfach nicht rum und rückwärts fährt mein Mädchen wegen des Radeffektes maximal geradeaus, aber definitiv nicht gegen den Wind. Also treibe ich schön in die Ankerleinen der alle zum Abendessen draussen sitzenden Zuschauer. Bühnenreife Vorstellung (Merihs Vertrauen in meine Fähigkeiten lassen wohl auch langsam nach). Aber da lag ich dann wenigstens erstmal stabil, und nach kurzer Absprache, Bootshakeneinsatz und vorsichtigem Gasgeben kam der Bug dann herum und ich aus dem Salat heraus. Der neue Anleger vor vollen Rängen klappte zum Glück perfekt, noch eine Leine vom Heck abgesspannt und Feierabend. Neben uns lagen drei deutsche Segler, die ihr Schiff schon die dritte Saison in Schweden gelassen haben...da gab es dann noch einiges zu erzählen. 



Nun ging es wieder gegenan, aber auch nur wieder ein paar Meilen in den Naturhafen Grissleholmen. Der nur im englischen Törnführer erwähnte Platz war recht leer und wir lagen toll an den Felsen. Schwimmen, Grillen...na ihr kennt das schon :-)



Nun musste ich mich aber langsam um den Diesel kümmern. Also fuhren wir (wieder gegenan, ich habe noch nie so viel gekreuzt wie mit Merih) Richtung Riesenmegamarina Bullandö. Eine Nacht wollten wir noch unterwegs verbringen, auch hier hatte der englische Törnführer noch einen Tipp parat. Am Ende einer Bucht sollte es dann irgendwie durchs Schilf gehen. Das behagte mir nicht und wir fragten ein vorbeikommens Motorboot, ob das alles so richtig ist. Ja, soll schon passen!! Ein Boot passte grade durch und links und rechts war das Schilf zum Anfassen nahe, aber die Tiefe lag bei 2,50 Meter, also alles gut. Hinter dieser merkwürdigen Einfahrt öffnete sich dann wieder eine große Wasserfläche mit sher vielen Anlegern und Schiffen. Nur hatte das Bild was sich uns bot,nichts mit dem Bild im Führer gemein. Es wurde alles abgerissen und erneuert und ein neuer Hafen war erst im Bau...nützte nichts, U-Turn und ab in die Marina Bullandö. Die hatte aber nach der ganzen Natur auch ihren Reiz. Direkt vor dem Boot lag Restaurant und Cafe, es gab eine Reisensauna mit Blick auf das Wasser, abends spielte eine Band und irgendwie war alles sehr entspannt. Wir mussten 3 Tage bleiben bis am Montag  der Volvo Penta Service öffnete. Hier wollte man mich aber nur abziehen statt zu helfen. (siehe Post "Ein Lob auf Schmidt&Seifert"). Ich habe dann alles selbst reparieren können und die Kraftstoffpumpe ausgetauscht. Seitdem ist scheinbar auch alles wieder gut.


Am nächsten Tag ging es dann gleich weiter (gegenan, aber der Diesel musste eh in den Dauertest) durch den Strömmakanal. Der sah auf der Karte machbar aus, mit einer Tiefe von 2 Metern. Am Ende war es aber eine extremst schmale Rinne, das Echolot zeigte mit 1,50 Meter den Tiefgang an und es kam noch ein Motorboot entgegen, mit Wellengang. Vor der Brücke gab es keine Chance zum Warten und in Zeitlupe öffnete sich die Brücke, so das ich bei Rot grad noch den Mast durch die Öffnung bekommen habe....Adrenalin pur! Dann Kursänderung um 140° aber der Wind kommt weiter von vorn und fängt dann an wild zu küseln, aber wir schlagen uns unter Segeln durch bis nach Malma Kvarv. Komischer Name, komischer Hafen, aber passte schon so...Ich bin abends dann noch alleine über die einzige Strasse gelaufen. Einsam, dunkel, düster. Ich bin früher als Kind häufig abends durch den dunklen Wald gelaufen um die Angst davor zu verlieren, das klappt auch heute noch super. Es war eigentlich ein perfektes Szenario für Horrorfilmfantasien. Belohnt wurde ich durch einen tollen Blick auf das im Mondlicht glitzernde Wasser, ganz alleine in Schweden im finsteren Wald. Ich finde so etwas romantisch und bin dann glücklich in die Koje gegangen!




Morgens um 6 war ich vor lauter Windstille schon wach und habe Merih schlafen lassen und direkt abgelegt.
Denn ging es heute mal einige Meilen mehr und mal wieder gegenan Richtung Dalarö. Ein ganz toller Segeltag durch die Inselwelt lag vor uns. Ich verliess einige Mal die eingezeichnete Route und schlug mich zwischen den Inseln durch, immer auf der Suche nach passendem Wind. Auf dem letzten Stück kam er dann mit 6-7Bft von vorne, abermit 2tem Reff und wenig Fock kamen wir gut und erstaunlich angenehm vorran. Der Hafen war schön, und die ganze Insel eine bekannte Perle der Schären. Wir waren recht lange unterwegs und liessen es uns gut gehen. 




Morgens dann wieder totale Flaute. Also sind wir unter Diesel die paar Meilen bis zum nächsten Touri Ziel Utö gefahren. Auch wieder eine sehr schöne Strecke. Die Saison ist nun zu Ende, und wir lagen mit nur wenigen Yachten  an dem sonst wohl megavollen Anleger. Immer noch war das Wetter gut und wieder hatten wir einen perfekten Urlaubsabend.



Erst am nächsten Morgen drehte sich das bisherige Wetterglück und wir bekamen ganz schön auf die Fresse auf dem geplanten Kurztrip. Aber am Ende lagen wir doch wieder toll an den Felsen in einer Bucht und grillten Lachs, so gesehen auch wieder alles OK!



Morgens dann sogar mal mit Rückenwind (das einzige Mal) bis Nynäshamn, der Abschiedshafen für Merih. Hier fährt ein Zug vom Hafen direkt bis nach Stockholm. Das Wetter gibt zur Zeit eh kein Segeln mehr her, es stürmt und regnet was das Zeug hält. Also Ausflug nach Landsort und morgen nach Stockholm, zum leckeren Sushi Japaner und  Grill Libanesen. Dienstag heisst es dann Abschied nehmen und ich muss dann wieder alleine den Kampf gegen das als extrem mies angesagte Wetter aufnehmen.