Samstag, 2. August 2014

Segeln mit Gangschaltung



Am Anfang meiner Segel”karriere” war das Reffen der Segel für mich etwas eher Sonderbares. Ich verband damit Sturm oder Starkwind, viel Gezerre und Gerödel und wollte eigentlich möglichst darauf verzichten. Mein erstes Segelboot, eine gebrauchte Friendship 23, war zunächst auch nicht dafür vorbereitet. Obwohl das Groß Kauschen hatte, fehlten der Reffhaken und Reffleinen. So ging es auf der Ostsee auch immer gleich gut ab bei viel Wind und es fühlte sich alles irgendwie nicht richtig an. Später habe ich dann zwei Reffs vorbereitet, aber eigentlich immer möglichst vermieden diese einzubinden. Erst mit meinem Boot “La Mer” hat sich diese Einstellung bei mir verändert. Segeln hat ja viel mit Gleichgewicht zu tun und mittlerweile merke ich ganz gut, ob sich das Boot wohlfühlt oder rumzickt. Irgendwann kam mir dann das Bild einer Gangschaltung vor Augen. Man fährt auf dem Fahrrad oder im Auto ja auch immer im passenden Gang und sagt nicht: “Ein echter Kerl fährt immer im 5.ten”. Denn teils kommt es mir so vor wenn ich Segelboote mit wirklich extremer Krängung auf dem Wasser sehe; und ich rede hier nicht von Racern oder Schärenkreuzern, sondern Bavaria und co. Der Skipper hinterm Rad prügelt die Kiste was das Zeug hält, der Rest der Crew ist unter Deck und kotzt oder hat sich festgebunden, ist aber auf jeden Fall nicht an Deck zu sehen. Es mag bei diesen Schiffen ja anders sein, bei mir wird der Pinnenauschlag extrem, die Leewanten fangen an nachzugeben und das ganze Boot wird zickig, so das man förmlich spürt, wie das Material leidet. Also heisst es in den richtigen Gang zu schalten. Zunächst den Traveller nach Lee, dann etwas Fock wegrollen, wenn das nicht reicht das erste Reff ins Groß, dann wieder den Traveller nach Lee, noch etwas Fock weg etc. Mit meinen 3 Reffs habe ich dann so um die 10 Gänge und finde da auch immer einen Passenden. Im richtigen "Gang" fährt das Boot nicht nur ruhiger und materialschonender, sonder meist auch schneller und läuft mehr Höhe. Für die erfahrenen Segler unter euch ist das natürlich nichts Neues...mir hätte aber in der Anfangszeit der Vergleich mit einer Gangschaltung sehr geholfen, daher wollte ich das hier für Einsteiger und Reffmuffel einmal verdeutlichen. Ich reffe seitdem auf jeden Fall deutlich lieber als vorher, und fahre auf meiner Reise auch eigentlich stets einen Gang niedriger und damit schonender für Rigg und Segel. Ein halber Knoten Geschwindigkeitsunterschied ist mir ja hier egal, wichtiger ist es das Boot gut zu  behandeln und zu schonen, damit ich damit heil nach Hause komme.